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Donnerstag, 16. März 2023

Spruchverfahren zum verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out bei der i:FAO Aktiengesellschaft: LG Frankfurt am Main erhöht Barabfindung auf EUR 21,73 (+ 117,7 %)

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

In dem Spruchverfahren zu dem verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out bei der früheren i:FAO Aktiengesellschaft hat das LG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 9. März 2023 die Barabfindung von (sehr niedrigen) EUR 10,03 um EUR 11,70 auf EUR 21,73 je i:FAO-Aktie angehoben. Dies entspricht rechnerisch einer Anhebung um 117,7 %.

Das Gericht stellt dabei auf die (durchschnittlichen) Börsenkurse vor der Ankündigung des Squeeze-outs als "marktwertorientierte Bewertungsmethode" ab. Der mithilfe der Ertragswertmethode ermittelte "Unternehmenswert" sei aufgrund zahlreicher dem Verfahren immanenter Unwägbarkeiten notwendigerweise nur eine Fiktion (S. 25). Demgegenüber beruhten Börsenkurse regelmäßig auf einem realen Handelsgeschehen. Das Gericht zitiert dabei Fleischer (AG 2016, 185, 195 unter Hinweis auf die Dissertation von Karami, Unternehmensbewertung im Spruchverfahren beim "Squeeze-out"): "Kein rational handelnder Minderheitsaktionär wird seine Entscheidung ernsthaft davon abhängig machen, was der zum Bewertungstichtag gültige IDW-Standard vorschreibt."

Als Referenzzeitraum zieht das Gericht die durchschnittlich gewichteten Börsenkurse vor dem 26. Januar 2021 heran. Auch die Kurse im Freiverkehr der Hamburger Wertpapierbörse seien relevant, wobei das Landgericht auf die Softship-Entscheidung des OLG Hamburg verweist (S. 34, vgl. hierzu auch: https://spruchverfahren.blogspot.com/2020/04/lg-hamburg-auch-borsenkurse-im.html)

Angesichts des Abstellens auf den Börsenkurs müsse nicht mehr über die beantragte Vorlage von Unterlagen oder eine etwaige Befangenheit des sachverständigen Prüfers entschieden werden (S. 38). Auch müsse der Prüfer nicht angehört werden.

Der Nachbesserungsbetrag in Höhe von EUR 11,70 je Aktie ist mit 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Einen Ausspruch dieser Verzinsung in der Entscheidung lehnt das Landgericht ausdrücklich ab. Höhe und Beginn der Verzinsung ergäben sich bereits aus dem Gesetz (S. 38). 

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung können die Antragsgegnerin und die Antragsteller innerhalb von einem Monat ab Zustellung Beschwerde einlegen.

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 9. März 2023, Az. 3-05 O 183/21
Weber u.a. ./. Amadeus Corporate Business AG
67 Antragsteller
gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Peter Dreier, Dreier Riedel Rechtsanwälte, 40213 Düsseldorf
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin:
Rechtsanwälte Freshfields Bruckhaus Deringer, 60322 Frankfurt am Main

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