von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
In dem Spruchverfahren zu dem auf der außerordentlichen Hauptversammlung der innogy SE am 4. März 2020 beschlossenen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out hatte das Gericht von einer sonst üblichen Anhörung der sachverständigen Prüferin abgesehen und umgehend Herrn WP/StB Dipl.-Kfm. Wolf Achim Tönnes, 48143 Münster, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die nunmehr als E.ON Verwaltungs GmbH firmierende Antragsgegnerin hatte kürzlich beantragt, diverse Unterlagen den Antragstellern und dem gemeinsamen Vertreter nicht zugänglich zu machen (unter Berufung auf § 7 Abs. 7 Satz 2 SpruchG), siehe: https://spruchverfahren.blogspot.com/2023/01/spruchverfahren-zum-verschmelzungsrecht_28.html
Der gerichtlich bestellte Sachverständige Tönnes hat nunmehr zu dem Antrag der Antragsgegnerin Stellung genommen. Er verweist zunächst darauf, dass ein Wirtschaftsprüfer, der den Hauptaktionär bei der Verpflichtung nach § 327c II 1 AktG (Erstellung eines Übertragungsberichts) unterstützt, keineswegs zu einem "Bewertungsgutachter" werde, sondern Erfüllungsgehilfe des Hauptaktionärs bleibe. Er werde nicht als neutraler Gutachter, sondern als Berater des Hauptaktionärs tätig. Der von der Antragsgegnerin herangezogene IDW PS 460 beziehe sich auf "Arbeitspapiere des Abschlussprüfers". Eine Übertragung der Vertraulichkeit auf Arbeitspapiere, die im Zusammenhang mit einer Wertermittlung nach § 327c II 1 AktG erstellt wurden, sei daher zweifelhaft.
Vorliegend bestehe eine Herausgabeplicht jedenfalls bezüglich aller Unterlagen, die der Hauptaktionär benötige, um seiner Verpflichtung aus § 327c II 1 AktG nachzukommen. Abweichend vom "Standardfall" der Abschlussprüfung bestehe vorliegend die Besonderheit, dass die Unternehmensbewertung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG nicht in der Form einer unabhängigen Prüfung, sondern in weitgehender Zusammenarbeit mit dem Vorstand und fachlichen Mitarbeitern der innogy SE erstellt worden sei. Im Rahmen des "eng verzahnten Planungsprozesses" habe der Vorstand, selbst soweit KPMG eine eigene (Grob-)Planung vorgenommen habe, diese "zustimmend zur Kenntnis genommen". KPMG stehe daher kein Zurückbehaltungsrecht unter dem Gesichtspunkt eines "Arbeitspapiers" zu.
Soweit die Antragsgegnerin geltend mache, dass die Arbeitspapiere u.a. zur Unterstützung der Dokumentation, für Rückfragen und zum Nachweis in potentiellen Regressfällen diene, werde diese Funktion nicht dadurch berührt, dass nicht die Original-Arbeitspapiere, sondern lediglich Kopien bzw. ohne weiteres duplizierte Dateien herausgegeben werden.
Grundsätzlich könne aus einer seinerzeitigen Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht auf eine fortbestehende Geheimhaltungsbedürftigkeit geschlossen werden. Die - unterstellt - geheimhaltungsbedürftigen Informationen verlören im Zeitablauf an Schutzbedürftigkeit, indem z.B. Planungen und Annahmen durch die spätere Realität bestätigt oder überholt werden.
LG Dortmund, Az. 18 O 25/20 AktE
Coriolix Capital GmbH u.a.. ./. innogy SE (jetzt: E.ON Verwaltungs GmbH)
111 Antragsteller
gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Martin Weimann, 10405 Berlin
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin:
Rechtsanwälte Linklaters LLP, 40212 Düsseldorf
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