von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
In dem Überprüfungsverfahren zu dem auf der außerordentlichen Hauptversammlung der conwert Immobilien Invest SE, Wien, am 29. August 2017 beschlossenen Gesellschafterausschluss zugunsten der Vonovia SE hat das Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses nach dem AktG ("Gremium") in einem zweiten Termin mit den Parteien am 15. November 2021 das kürzlich vorgelegte Gutachten von Prof. Rabel erörtet. Dieser referierte sein Gutachten anhand mehrerer Folien.
Bereits eingangs machte das Gremium klar, dass es angesichts der kurzen Vorbereitungszeit bezüglich des erst vor einem Monat versandtem Gutachtens und angesichts der "Achterbahnfahrt" der ermittelten Werte (zwischen dem angebotenen Betrag von EUR 17,08 und gutachterlichen Schätzungen bis EUR 31,61 je conwert-Aktie) nicht mit einer kurzfristigen vergleichsweisen Beilegung rechne. Bei der Verhandlung zeigte sich, dass die Vorstellungen von der Angemessenheit der Barabfindung weiter deutlich auseinanderliegen.
Das Verfahren wird daher im nächsten Jahr fortgesetzt, wobei der Vorsitzende darauf hinwies, dass die Laufzeit des für fünf Jahre bestellten Gremiums in der derzeitigen Zusammensetzung mit dem Jahresende 2021 ende und eine Neubestellung bislang nicht erfolgt sei (wohl auch ein Grund für die kurzfristige Terminierung).
Der zunächst vom Gremium bestellte Sachverständige Prof. Dr. Thomas Keppert (der dem Gremium früher einmal angehört hatte) ist leider Ende des letzten Jahres verstorben. Das Gremium hatte daher bei seiner Sitzung am 8. Februar 2021 Herrn Prof. Dr. Klaus Rabel, Rabel & Partner GmbH, zum Sachverständigen bestellt (wobei das Gremium bei der Verhandlung anmerkte, dass damit keine Änderung, sondern lediglich eine Ausmerzung handwerklicher Fehler beabsichtigt gewesen sei).
Prof. Keppert kam in seinen letzten Stellungnahmen ("Keppert II") zu einem Wert je conwert-Aktie in Höhe von EUR 22,59, nachdem er in seinem Gutachten vom 12. März 2020 ("Keppert I") zunächst einen Unternehmenswert von EUR 31,61 je Aktie ermittelt hatte. Kritisiert wurden hierbei von Antragstellerseite verfahrensrechtliche Fehler. So sei der Antragsgegnerin eine einseitige Einflussmöglichkeit gegeben worden, bevor den Antragstellern das Gutachten "Keppert I" zur Verfügung gestellt worden sei. Dagegen betonte das Gremium, dass kein Verstoß gegen Art. 6 EMRK und "civil rights" zu erkennen sei.
Herr Prof. Rabel hatte kürzlich sein Gutachten vorgelegt (300 Seiten + Anlage, insgesamt 358 Seiten), zu dem er bei der letzten Sitzung mit den Parteien am 16. Juni 2021 einen Zwischenbericht erstattet hatte. Er kommt darin auf einen Wert von EUR 18,13 je conwert-Aktie (und damit deutlich unterhalb der von Prof. Keppert genannten Werte) und auf einen Unternehmenswert von EUR 1,848 Mrd. Die Vonovia SE hatte eine Barabfindung in Höhe von lediglich EUR 17,08 je conwert-Aktie angeboten, siehe: https://spruchverfahren.blogspot.com/2017/07/barabfindung-fur-minderheitsaktionare.html
Die unterschiedlichen Wertansätze lassen sich insbesondere mit dem jeweils angesetzten Kapitalisierungszinssatz (Marktrisikoprämie, Beta-Faktor und Wachstumsabschlag) und den berücksichtigten Synergien erklären. Hierzu und zu den Fragen der Beteiligten soll der Sachverständige Prof. Rabel noch bis zum 5. Jänner 2022 schriftlich Stellung nehmen. Die Beteiligten können innerhalb von vier Wochen noch Fragen einbringen. Die Antragsgegnerin soll Stellung nehmen, ob die nach teilweisen "Entschwärzungen" verbliebenen umfangreichen Schwärzungen in den Gutachten Keppert tatsächlich weiterhin zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen erforderlich sind. Die 20 schwarzen Seiten am Anfang seien vielleicht nicht wirklich relevant, sorgten beim Leser jedoch für "Verstimmung".
Für Nachbesserungsrechte aus dem conwert-Überprüfungsverfahren gab es zahlreiche Kaufangebote. Zuletzt wurden von Petrus Advisers Ltd. EUR 2,31 geboten: https://spruchverfahren.blogspot.com/2021/10/erneutes-kaufangebot-fur-conwert.html
Gremium, Gr 5/18
Handelsgericht Wien, Az. 75 Fr 17511/17z
gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Dr. Bernhard Garger, 1010 WienAntragsgegnerin: Vonovia SE
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin:
Rechtsanwälte Freshfiels Bruckhaus Deringer, A-1010 Wien
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