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Dienstag, 24. Juni 2014

Delisting Cybio AG: Delisting-Anträge von "Altaktionären" trotz Frosta-Entscheidung weiterhin zulässig

von Rechtsanwalt Martin Arendts, ARENDTS ANWÄLTE

Das Landgericht Gera hat in dem seit 2012 laufenden Spruchverfahren zum Delisting der Aktien der Cybio AG im Interesse der Analytik Jena AG die Spruchanträge von Minderheitsaktionären, die einen Aktienbesitz vor der Delisting-Ankündigung nachgewiesen hatten, für zulässig erklärt (Beschluss vom 10. Juni 2014, Az. 1 HK O 108/12). Die Anträge der anderen Antragsteller wurden dagegen zurückgewiesen, auch soweit das Gericht diese bereits mit Beschluss vom 28. August 2013 für zulässig erklärt hatte. Insoweit sieht das LG Gera in der erst danach ergangenen Frosta-Entscheidung des BGH vom 8. Oktober 2013 (Az. 2 ZB 26/12, siehe hierzu http://spruchverfahren.blogspot.de/2013/11/bundesgerichtshof-erleichtert-ruckzug.html) "eine wesentliche nachträgliche Änderung der zu Grunde liegenden Rechtslage".

Das LG Gera verweist darauf, dass der Gesetzgeber den Schutz der Anleger kapitalmarktrechtlich ausdrücklich in § 39 BörsenG bestimmt habe (S. 16). Maßgeblich sei hier die Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse (BörsenO FWB). Es komme nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 BörsenO FWB darauf an, ob den Anlegern nach der Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung ausreichend Zeit verblieben sei, die vom Widerruf betroffenen Wertpapiere im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zu veräußern. Diesen Schutz sieht das Landgericht durch den langen Zeitraum von mehr als sieben Monaten zwischen dem Bekanntwerden des beabsichtigten Delistings (durch ein entsprechende Ad-hoc-Mitteilung) und der Wirksamwerden des Widerrufs gewahrt (S. 17).

Jedoch sieht das Landgericht auch § 46 Abs. 3 BörsenO FWB als Schutzgesetz zu Gunsten der Anleger. Nach dieser Vorschrift kann die Frist für das Wirksamwerden des Widerrufs von regulär sechs Monaten auf drei Monate verkürzt werden, wenn ein Kaufangebot vorliegt, dessen Höhe im Wege eines gesonderten Verfahrens (z.B. Spruchverfahren) überprüfbar sein soll. Hier habe sich die Antragsgegnerin mit ihrem Antrag auf Verkürzung der Frist auf eine Überprüfung der Höhe ihres Kaufangebots eingelassen.

Die Auslegung des § 46 Abs. 3 BörsenO FWB als Schutzgesetz hat nach Ansicht des LG Gera unter Berücksichtigung des § 39 Abs. 2 BörsenG zu erfolgen. Nur Anleger, die bereits vor der Ad-hoc-Mitteilung zum Delisting Inhaber von Cybio-Aktien waren, fielen daher unter dem Schutzbereich des § 46 Abs. 3 BörsenO FWB (S. 18).

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