Für Anleger ist es so etwas wie das „Unwort des Jahres“: Die Rede ist vom so genannten Delisting, also dem Abschied eines Unternehmens von der Börse, ohne dass den Aktionären dafür zuvor ein bislang verbindliches Kaufangebot für ihre Anteile gemacht wurde und ohne dass Aktionäre im Wege eines HV-Beschlusses zuvor gefragt werden mussten.
Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) mit einer der umstrittensten Entscheidungen der vergangenen Jahre den Weg für das vereinfachte Delisting geebnet hatte, kam es in den letzten Monaten zu einer wahren Welle solcher Fälle. Die DSW kritisiert den Richterspruch und die Reaktion vieler Unternehmen darauf scharf: „Der Beschluss kommt einer Schädigung der deutschen Aktienkultur gleich. Damit sind die Minderheitsaktionäre weitgehend der Willkür des Großaktionärs ausgeliefert“, so DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. „Diesen Weg einzuschlagen, ist unfair und benachteiligt freie Aktionäre“, so der DSW-Mann weiter.
Über verschiedenste Kanäle arbeitet die DSW aktuell daran, den Schaden zu begrenzen. Gleichzeitig begrüßt die Schutzvereinigung Möglichkeiten, die negativen Auswirkungen des Delistings auszubremsen. Etwa dadurch, dass delistete Aktien weiterhin handelbar bleiben. „Wenn der Handel mit solchen Papieren weiter möglich ist, dann verliert das Delisting viel von seinem Schrecken“, so Tüngler. Über die außerbörsliche Plattform VEH (Valora Effekten Handel) geht das zum Beispiel.
Auch für delistete Papiere werden dort weiterhin Kurse gestellt, wie Vorstand Klaus Helffenstein betont. Einziges Problem: Die Kurse werden aktuell nicht in die Systeme der Banken eingestellt.
„Das ist problematisch. Denn oft werden solche Wertpapiere dann einfach ausgebucht, weil ihr Wert in den Depots mit Null angegeben wird“, so Tüngler.
Zu solchen Fällen kommt es beispielsweise dann, wenn der Aktionär eine der gängigen ominösen Kaufangebote für solche Papiere bekommt. Im Zweifel fragt er seinen Berater – und der schaut ins System und findet keine Kurse. „Am Ende wird dann oft verkauft, obwohl über Plattformen wie VEH durchaus Kurse gestellt werden“, so Tüngler. Die DSW sieht die Handelsmöglichkeiten für Aktien nach einem Delisting daher grundsätzlich positiv.
Es gibt auch an anderen Punkten erste Schritte, um die Negativfolgen des BGH-Entscheids auszuhebeln: So hat etwa die Börse Düsseldorf ihre Börsenordnung konkretisiert und wird an ihren strengen Voraussetzungen für das sogenannte Delisting von Aktiengesellschaften festhalten.
Unternehmen können der Börsennotierung in Düsseldorf nur dann den Rücken kehren, wenn sie einen Hauptversammlungsbeschluss haben und den Aktionären ein den Anforderungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes genügendes Kaufangebot vorlegen. „Damit setzt die Düsseldorfer Börse Maßstäbe für den Anlegerschutz in Deutschland. Bei der Düsseldorfer Börse hat man erkannt, wie wichtig der Schutz der freien Aktionäre für den Finanzplatz Deutschland ist“, begrüßt Tüngler das Konzept.
Nachstehend finden Sie eine Liste mit angekündigten Delistings (Stand 7. November 2014):
Unternehmen
|
WKN
|
Ankündigung Delisting
|
Umsetzung Delisting
|
---|---|---|---|
AGO AG Energie + Anlagen
|
A12UK4
|
17.4.2014
|
30.12.2014
|
Biolitec AG
|
A1JXLS
|
6.5.2014
|
15.11.2014
|
CD Deutsche Eigenheim AG
|
620833
|
7.11.2014 (HV)
| |
Cycos AG
|
770020
|
9.7.2014
|
22.1.2015
|
Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG
|
A1TNLL
|
11.6.2014
|
28.10.214
|
DTB-Deutsche Biogas AG
|
A1E898
|
1.9.2014
|
20.10.2014
|
Elexis AG
|
508500
|
9.4.2014
|
3.10.2014
|
Elite World S. A.
|
A0JK6E
|
7.10.2014
| |
EPG (Engeneered nanoProducts Germany) AG
|
A12UK9
|
2.4.2014
| |
Franconofurt AG
|
637262
|
3.3.2014
| |
Greater China Precision Components Ltd.
|
A0MZS3
|
8.8.2014
|
30.9.2014
|
Hahn-Immobilien-Beteiligungs AG
|
600670
|
4.8.2014
|
18.2.2015
|
Informica Real Invest AG
|
526620
|
14.3.2014
|
15.8.2014
|
Jetter AG
|
626400
|
4.2.2014
|
1.5.2014
|
Magix AG
|
722078
|
20.5.2014
|
30.11.2014
|
Marseille-Kliniken AG
|
A1TNRR
|
10.6.2014
|
11.8.2014
|
n.runs AG
|
A0LEFF
|
17.2.2014
|
10.9.2014
|
Online Marketing Solutions AG
|
A0Z231
|
18.7.2014
|
30.9.2014
|
Pironet NDH AG
|
691640
|
12.9.2014
| |
Plaut AG
|
A0LCDP
|
19.5.2014
|
27.2.2015
|
Primion Technology AG
|
511700
|
17.9.2014
| |
Schlossgartenbau AG
|
730600
|
13.5.2014
|
12.11.2014
|
Schuler AG
|
A0V9A2
|
4.4.2014
| |
Strabag AG
|
A0Z23N
|
20.2.2014
| |
Studio Babelsberg
|
A1TNM5
|
30.9.2014
| |
Swarco Traffic Holding AG
|
723630
|
5.5.2014
|
5.11.2014
|
Travel Viva AG
|
A0HNGF
|
19.5.2014
|
26.6.2014
|
VSM AG
|
763700
|
19.5.2014
|
31.12.2014
|
wallstreet:online capital AG
|
A0HL76
|
28.8.2014
|