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Dienstag, 11. Oktober 2022

Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Deutschen Postbank AG: Ausführung des Beweisbeschlusses zum objektivierten Unternehmenswert gemäß IDW S 1

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

In dem Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Deutschen Postbank AG hatte das LG Köln  angekündigt, die Tragfähigkeit des von dem Wirtschaftsprüferverein Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) veröffentlichten Standards zur Unternehmensbewertung IDW S 1 von einem Hochschullehrer der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Unternehmensbewertungslehre überprüfen zu lassen, und anschließend mit Beweisbeschluss vom 13. April 2021 Herrn Prof. Dr. Andreas Schüler zum Sachverständigen bestimmt.

Die dagegen von der Antragsgegnerin, der Deutschen Bank AG, eingelegte Beschwerde hatte das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 25. Mai 2022 als unzulässig verworfen. Das LG Köln hat nunmehr angekündigt, dass nach Zurückweisung der Beschwerde der Beweisbeschluss ausgeführt werden solle. 

Es hat mit Beschluss vom 26. September 2022 den Stundensatz für den Sachverständigen auf EUR 270,- und von wissenschaftlichen Hilfskräften auf EUR 180,- festgesetzt (jeweils zzgl. USt.). Ziff. 6.1 der Anlage 1 zu § 9 JVEG (Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten) sieht für die Unternehmensbewertung einen Satz von EUR 135,-/h vor, wobei maximal der doppelte Satz festgesetzt werden könne. In Spruchverfahren sei es gerechtfertigt, Stundensätze bis zum gesetzlich zulässigen Höchstmaß festzusetzen, da diese Stundensätze im Durchschnitt üblich und gute Sachverständige unterhalb dieser Stundensätze nicht zu gewinnen seien (Beschluss, S. 2). 

In dem nach dem Beweisbeschluss des LG Köln einzuholenden Gutachten soll geprüft werden, ob der objektivierte Unternehmenswert gemäß IDW S 1 das Bewertungsziel, entsprechend § 327a AktG der Verkehrswert des Unternehmens, erreicht. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der theoretische Marktpreis zu schätzen, d.h. der Erlös, der bei einer Veräußerung des Unternehmens im Ganzen zu erzielen wäre.

Das Landgericht hatte Zweifel geäußert, ob der IDW S 1 tatsächlich in der Betriebswirtschaftslehre anerkannt wird, und bittet daher um Beantwortung folgender Fragen:

"1. Kann der objektivierte Unternehmenswert gemäß IDW S 1 aus theoretischer Sicht als tragfähige Annäherung an den Verkehrswert des Unternehmens gelten?

2. Kann der objektivierte Unternehmenswert gemäß IDW S 1 aus theoretischer Sicht als tragfähige Annäherung an den Grenzpreis der Minderheitsaktionäre gelten?

3. Gegebenenfalls:

a. Ist eine tragfähige Ermittlung des Verkehrswerts des Unternehmens mit theoretisch akzeptierten Bewertungsmethoden möglich?

b. Mit welchen Bewertungsmethoden - ggf. auch in paralleler Anwendung - lässt sich eine bestmögliche Annäherung an den Verkehrswert des Unternehmens erreichen?

c. Können dabei Fair Value- oder Fairness Opinion-Ansätze Berücksichtigung finden?

d. Ist eine Typisierung subjektiver Eigenschaften (z.B. ein markttypischer Erwerber) zu Annäherung an den Verkehrswert möglich? Welche Typisierung ist dann sachgerecht?

e. Oder müssten zumindest zwei typisierte Entscheidungswerte (Grenzpreis eines Verkäufers und Grenzpreis eines Käufers) in eine Annäherung an den Verkehrswert eingehen?"

Spruchverfahren zu dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag:
OLG Düsseldorf,  Az. I-26 W 5/21 AktE
LG Köln, Az. 82 O 77/12
Meilicke u.a. ./. DB Beteiligungs-Holding GmbH (früher: DB Finanz-Holding GmbH)

Spruchverfahren zu dem Squeeze-out:
LG Köln, Az. 82 O 2/16
Krystofiak u.a. ./. Deutsche Bank AG

jeweils gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Dr. Klocke, Köln

Verfahrensbevollmächtigte der jeweiligen Antragsgegnerin:
Rechtsanwälte Hengeler Mueller, 60323 Frankfurt am Main

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