Pressemitteilung der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz)
Düsseldorf, 13.10.2022 – Die aktuell schlechte Entwicklung an den Börsen könnten viele Großaktionäre zum Anlass nehmen, um bei niedrigen Aktienkursen ein Delisting durchzuführen - das zumindest befürchtet die DSW. So hat zum Beispiel die Deutsche Wohnen, die Hauptaktionärin bei der Immobilien Gesellschaft GSW, soeben ein solches Delisting-Erwerbsangebot an den verbleibenden Streubesitz angekündigt. Weitere Gesellschaften könnten demnächst vom Börsenrückzug betroffen sein.
Dabei hat speziell der Fall Rocket Internet in der Vergangenheit heftige Diskussionen über die Angemessenheit von Abfindungsangeboten an den Streubesitz ausgelöst.
Vor diesem Hintergrund ist auch das jüngst im Auftrag des BMF und von Grant Thornton vorgelegte Gutachten zu der Frage, „Bietet die regelmäßige Anknüpfung von Delisting-Angeboten an den 6 Monats-Durchschnittskurs einen angemessenen Schutz für Anleger?“ von großem Interesse für die Investoren. „Eine eindeutig klare Antwort wird hierauf nicht gegeben. Im Ergebnis zeigt die Analyse der Börsenkurse aller Delisting Fälle der vergangenen Jahre im Vergleich zum CDAX zwar zunächst keine abnormale Kursentwicklung. Hieraus jedoch zu schlussfolgern, dass sich der § 39 Börsengesetz in der Praxis bewährt hat, wäre verfrüht und ist aus DSW-Perspektive verfehlt“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW.
Zunächst ist zweifelhaft, ob der Vergleich der Börsenkursentwicklung dieser Delisting-Fälle mit dem CDAX überhaupt opportun ist. In der Regel handelte es sich bei den untersuchten Fällen um kleinere Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung, interessanterweise häufig aus der Immobilienbranche, die eher für einen Vergleich mit dem S-DAX geeignet wären.
„Darüber hinaus wäre es viel wichtiger bei der Frage des angemessenen Schutzes der Anleger den § 39 BörsG um weitere wichtige Kriterien zu erweitern. So sollten die Aktionärsstruktur, die Liquidität der Aktie (Abstellen auf die Geld-Brief-Spanne), der Umfang der Informations- und Transparenzanforderungen, die Existenz von Analystenberichten und die Bestimmung des Timings, also der Handlungsoption für den Großaktionär den Beginn des 6 Monats-Zeitraums zu wählen Berücksichtigung finden. Denn eines wird deutlich: Wenn der Großaktionär seine eigenen Interessen im Blick hat und vor dem Hintergrund bewusst passiver Informationspolitik agiert, dann wird der Minderheitsaktionär schnell zu seinem Spielball. Denn dann wird der Großaktionär den für sich optimalen Zeitpunkt auswählen, um den freien Aktionären eine möglichst niedrige Abfindung offerieren zu müssen. Das ist in Zeiten turbulenter und damit angeschlagener Börsen besonders relevant. Von einem ausreichenden Anlegerschutz kann dann keine Rede mehr sein“, sagt Jella Benner-Heinacher, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der DSW.
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