von Rechtsanwalt
Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur
Änderung weiterer Gesetze ist am 28. Februar 2023 im (seit Jahresbeginn nur
noch digital geführten) Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Das Gesetz
sieht in seinem Artikel 3 mehrere grundlegende Änderungen des
Spruchverfahrensgesetzes vor.
Eine maßgebliche Änderung, die mit den Vorgaben der
Richtlinie nicht unmittelbar etwas zu tun hat, ist die nunmehr verpflichtend
vorgesehene anwaltliche Vertretung in Spruchverfahren, während bislang eine anwaltliche Vertretung nur für die Beschwerdeeinlegung erforderlich war. Der neu eingefügte § 5a
SpruchG fordert eine anwaltliche Vertretung der Beteiligten (mit Ausnahme des
gemeinsamen Vertreters) in Spruchverfahren:
„Vor den Landgerichten, den Oberlandesgerichten und einem Obersten
Landesgericht müssen sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt vertreten
lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei
dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Satz 1 ist
auf den gemeinsamen Vertreter nicht anzuwenden.“
Die Ausnahme für den gemeinsamen Vertreter spielt jedoch keine Rolle, da durch eine Änderung in § 6 SpruchG (gleichsam auch in § 6a, § 6b und in den neu eingefügten 6c SpruchG) nur noch Rechtsanwälte als gemeinsame Vertreter bestellt werden können (während früher etwa auch pensionierte Richter als gemeinsame Vertreter tätig waren, etwa bei den Squeeze-out-Verfahren Sachsenmilch und Meyer Burger (Germany) oder bei dem Rechtsformwechsel DO Deutsche Office AG).
Nunmehr muss sich auch die Antragsgegnerin anwaltlich vertreten
lassen. Dies hat für die Praxis, in der sich die Hauptaktionärin nur in ganz
wenigen Fällen (etwa BuG Frogster, Squeeze-out MVS Miete Vertrieb Service) durch ihre Rechtsabteilung hat vertreten lassen, keine größeren
Auswirkungen.
Für die Antragstellerseite bedeutet die nunmehr vorgeschriebene anwaltliche Vertretung jedoch ein
Umdenken. In einem ersten Verfahren, dem Spruchverfahren zum Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag mit der ADVA Optical Networking SE, rügte die
Antragsgegnerin kürzlich die fehlende Postulationsfähigkeit anwaltlich nicht vertretener
Antragsteller.
Spannend ist hier die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Neuregelung
greift. Der neu eingefügte Absatz 3 zu § 17 SpruchG sieht eine (nicht
unproblematische) Rückwirkung deutlich vor der Bekanntmachung des Umsetzungsgesetzes am
28. Februar 2023 vor:
„Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz
zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (…) sind erstmals auf Spruchverfahren
anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar
2023 gestellt wurde.“
Im erwähnten Fall der ADVA Optical Networking SE wurde der
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag am 16. Januar 2023 in das
Handelsregister eingetragen. Die Antragsgegnerin argumentiert nunmehr damit,
dass nach § 20 FamFG eine zwingende Verfahrensverbindung zu erfolgen habe, so
dass der Anwaltszwang auch vor dem 31. Januar 2023 gestellte Anträge erfasse (Antragserwiderung, S. 12).
Die nach dem 31. Januar gestellten Anträge seien ohnehin unzulässig.
Dies
überzeugt nicht wirklich. Sofern ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung
bereits vor dem 31. Januar 2023 gestellt wurde, wird für das gesamte Verfahren
einheitlich das „alte“ Recht ohne verpflichtende anwaltliche Vertretung
anzuwenden sein (gerade aufgrund der vorgesehenen Verfahrensverbindung, so auch
die bisherige Rechtsprechung zu Änderungen beim Spruchverfahren).
Der Beitrag wird mit weiteren Aspekten der Neuregelung, wie
etwa die neu eingeführte Möglichkeit eines Mehrheitsvergleichs und die Abschaffung des
Nichtabhilfebeschlusses im Spruchverfahren, fortgesetzt.