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Mittwoch, 12. Juli 2023

Änderungen des Spruchverfahrens –Teil 1: Verpflichtende anwaltliche Vertretung

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze ist am 28. Februar 2023 im (seit Jahresbeginn nur noch digital geführten) Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Das Gesetz sieht in seinem Artikel 3 mehrere grundlegende Änderungen des Spruchverfahrensgesetzes vor.

Eine maßgebliche Änderung, die mit den Vorgaben der Richtlinie nicht unmittelbar etwas zu tun hat, ist die nunmehr verpflichtend vorgesehene anwaltliche Vertretung in Spruchverfahren, während bislang eine anwaltliche Vertretung nur für die Beschwerdeeinlegung erforderlich war. Der neu eingefügte § 5a SpruchG fordert eine anwaltliche Vertretung der Beteiligten (mit Ausnahme des gemeinsamen Vertreters) in Spruchverfahren:

Vor den Landgerichten, den Oberlandesgerichten und einem Obersten Landesgericht müssen sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Satz 1 ist auf den gemeinsamen Vertreter nicht anzuwenden.

Die Ausnahme für den gemeinsamen Vertreter spielt jedoch keine Rolle, da durch eine Änderung in § 6 SpruchG (gleichsam auch in § 6a, § 6b und in den neu eingefügten 6c SpruchG) nur noch Rechtsanwälte als gemeinsame Vertreter bestellt werden können (während früher etwa auch pensionierte Richter als gemeinsame Vertreter tätig waren, etwa bei den Squeeze-out-Verfahren Sachsenmilch und Meyer Burger (Germany) oder bei dem Rechtsformwechsel DO Deutsche Office AG).

Nunmehr muss sich auch die Antragsgegnerin anwaltlich vertreten lassen. Dies hat für die Praxis, in der sich die Hauptaktionärin nur in ganz wenigen Fällen (etwa BuG Frogster, Squeeze-out MVS Miete Vertrieb Service) durch ihre Rechtsabteilung hat vertreten lassen, keine größeren Auswirkungen.

Für die Antragstellerseite bedeutet die nunmehr vorgeschriebene anwaltliche Vertretung jedoch ein Umdenken. In einem ersten Verfahren, dem Spruchverfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der ADVA Optical Networking SE, rügte die Antragsgegnerin kürzlich die fehlende Postulationsfähigkeit anwaltlich nicht vertretener Antragsteller.

Spannend ist hier die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Neuregelung greift. Der neu eingefügte Absatz 3 zu § 17 SpruchG sieht eine (nicht unproblematische) Rückwirkung deutlich vor der Bekanntmachung des Umsetzungsgesetzes am 28. Februar 2023 vor:

„Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (…) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.“

Im erwähnten Fall der ADVA Optical Networking SE wurde der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag am 16. Januar 2023 in das Handelsregister eingetragen. Die Antragsgegnerin argumentiert nunmehr damit, dass nach § 20 FamFG eine zwingende Verfahrensverbindung zu erfolgen habe, so dass der Anwaltszwang auch vor dem 31. Januar 2023 gestellte Anträge erfasse (Antragserwiderung, S. 12). Die nach dem 31. Januar gestellten Anträge seien ohnehin unzulässig. 

Dies überzeugt nicht wirklich. Sofern ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits vor dem 31. Januar 2023 gestellt wurde, wird für das gesamte Verfahren einheitlich das „alte“ Recht ohne verpflichtende anwaltliche Vertretung anzuwenden sein (gerade aufgrund der vorgesehenen Verfahrensverbindung, so auch die bisherige Rechtsprechung zu Änderungen beim Spruchverfahren).

 

Der Beitrag wird mit weiteren Aspekten der Neuregelung, wie etwa die neu eingeführte Möglichkeit eines Mehrheitsvergleichs und die Abschaffung des Nichtabhilfebeschlusses im Spruchverfahren, fortgesetzt.

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