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Dienstag, 28. Juni 2022

Spruchverfahren zum verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out bei der GARANT Schuh + Mode AG abgeschlossen: OLG Düsseldorf hebt Barabfindungsbeträge an

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

In dem Spruchverfahrem zu dem verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out bei der GARANT Schuh + Mode AG (Verschmelzung auf die ANWR GARANT International AG) kam der in der I. Instanz gerichtlich bestellte Gutachter WP/StB Jörg Neis (c/o Ebner Stolz) in seinem Gutachten vom 12. Februar 2016 zu meist höheren Werten. Je nach Aktiengattung (Stammaktien und drei unterschiedlich ausgestattete Arten von Vorzugsaktien) entsprechen seine Feststellungen einer Anhebung um 3,38 % bis 8,88 % (bzw. bei der Vorzugsaktie VZ 0,39 sogar einen geringeren Betrag), siehe: https://spruchverfahren.blogspot.de/2016/03/spruchverfahren-squeeze-out-garant.html

Trotzdem hatte das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 15. Januar 2018 die Spruchanträge zurückgewiesen. Bei einer Abweichung bis 10 % sei das Ergebnis der Berechnung lediglich einer von mehreren möglichen Anhaltspunkten für dessen Schätzung. Auf die von mehreren Antragstellern dagegen eingereichten Beschwerden hin hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 27. Juni 2022 die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die angemessene Barabfindung wie folgt angehoben:

  • EUR 13,99 je GARANT-Vorzugsaktie VZ 0,01 (statt von der Antragsgegnerin angebotenen EUR 13,60),
  • EUR 36,55 je GARANT-Vorzugsaktie VZ 1,41 (statt EUR 34,-),
  • EUR 3,94 je GARANT-Stammaktie (statt EUR 13,51).

Das OLG folgt damit dem vom ihm angeforderten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Neis. Für die Vorzugsaktien VZ 0,39 sprach es keine Erhöhung aus, da sich ein niedrigerer Betrag als der von der Hauptaktionärin angebotene ergab. Der Sachverständige ging bei seiner Berechnung aufgrund der Unternehmenssatzung von einer sehr hohen Ausschüttungsquote von 79,1 % aus.

Das OLG akzeptierte die meisten für die Bewertung angesetzten Parameter (Basiszinssatz, Marktrisikoprämie von 5 %, Betafaktor, Wachstumsabschlag von 1 %), lehnte aber wie der gerichtliche Sachverständige eine (hier für Belgien angesetzte) Länderrisikoprämie ab.

Nach Ansicht des OLG gibt es keine feste "Bagatellgrenze", bis zu der eine Abweichung noch als geringfügig anzusehen sei (S. 43). Nur Abweichungen von 1 % bis maximal 2 % würden ohne weiteres toleriert. Bei Abweichungen unter 5 % komme es dagegen auf eine "einzelfallbezogene Abwägung der Gesamtumstände im Rahmen der Angemessenheitsprüfung" an. Ergebe sich bei mehreren Aktiengattungen ein Korrekturbedarf in Bezug auf eine einzelne Gattung, könne eine Heraufsetzung auch zugunsten der anderen geboten sein (S. 43).

Die Antragsgegnerin muss die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in der I. Instanz und 3/4 der außergerichtlichen Kosten in der II. Instanz tragen (mit Ausnahme der früher ausschließlich Vorzugsaktien VZ 0,39 haltenden Beschwerdeführerin).

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juni 2022, Az. I-26 W 13/18 AktE
LG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2018, Az. 31 O 5/13 
59 Antragsteller

gemeinsamer Vertreter: RA Folker Künzel, 40589 Düsseldorf
Antragsgegnerin: ANWR Garant International GmbH, Düsseldorf (früher: ANWR Garant International AG)

Verfahrensbevollmächtigte: SKW Schwarz Rechtsanwälte, 60598 Frankfurt am Main

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