von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Die Anzahl der Genossenschaftsbanken hat sich in den letzten Jahren deutlich reduziert, meist durch Fusion zweier oder mehrerer Volks- und Raiffeisenbanken. In einem ersten Verschmelzungsfall, eine Fusion zur VR-Bank Metropolregion Nürnberg eG, bei dem ein entsprechender Spruchantrag auf Überprüfung des Umtauschverhältnisses gestellt worden ist, hatten sowohl das LG Nürnberg-Fürth wie auch das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) ein Spruchverfahren für nicht statthaft gehalten, wie berichtet: https://spruchverfahren.blogspot.com/2024/03/bgh-entscheidet-zur-statthaftigkeit.html
Die vom BayObLG ausdrücklich zugelassene Rechtsbeschwerde hat der BGH nunmehr angenommen. Der BGH hat zur Wahrung des rechtlichen Gehörs mitgeteilt, die Sache nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsbeschwerdebegründung zu beraten.
Rechtlicher Hintergrund der Auseinandersetzung ist das in § 85 UmwG verankerte Nominalwertprinzip, nach dem bei Genossenschaften in der Verschmelzungspraxis Geschäftsguthaben nahezu ausschließlich 1 : 1 zum Nominalwert getauscht werden (auch bei erheblichen Differenzen der tatsächlichen Werte). Der Antragsteller fühlte sich dadurch deutlich benachteiligt, da der innere Wert seines Geschäftsguthabens an der übertragenden Genossenschaft durch Aufgehen des Vermögens in der aufnehmenden Genossenschaft geringer geworden sein. Nach dem verfassungsrechtlich durchaus problematischen Wortlaut des § 85 UmwG ist ein Spruchverfahren jedenfalls ausgeschlossen. Auch der gemeinsame Vertreter argumentierte, dass der Anwendungsbereich des § 1 SpruchG zwar vom Wortlaut nicht eröffnet sei. Diese Regelung sei jedoch nicht abschließend. § 85 UmwG sei nicht verfassungskonform und im Wege der teleologischen Reduktion eng auszulegen.
Eine positive Entscheidung in dem Spruchverfahren würde angesichts der Erga-omnes-Wirkung (§ 13 S. 2 SpruchG) das Umtauschverhältnis für mehrere Tausende Genossen verbessern.
BGH, Az. II ZB 7/24
BayObLG, Beschluss vom 9. Februar 2024, Az. 101 W 169/23
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 10. November 2022, 1 HK O 7642/21, NZG 2023, 230
Sch. ./. VR-Bank Metropolregion Nürnberg eG
gemeinsamer Vertreter: RA Markus Jaeckel, 81927 München
Anmerkungen:
Holthaus, Zur Zulässigkeit des Spruchverfahrens im Rahmen der Verschmelzung von zwei Genossenschaften, NZG 2023, 221 (aus Sicht der Genossenschaftsbanken)
Schulteis, Anmerkung zum Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 10.11.2022, EWiR 2023, 523-525
Mitteilung von ingenos e.V.: https://www.genonachrichten.de/2024/02/02/geno-banken-igenos-stellt-bvr-fusionspolitik-in-frage/
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