In dem Spruchverfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre (Squeeze-out) bei der W.O.M. WORLD OF MEDICINE AG hatte das LG Berlin am 14. Juli 2014 einen umfangreichen Beweisbeschluss zur Überprüfung der Unternehmensbewertung erlassen und Dr. Jörn Schulte, c/o IVC Independent Valuation & Consulting Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zum Sachverständigen bestimmt, siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/07/spruchverfahren-wom-world-of-medicine.html.
Der Sachverständige hatte daraufhin seinen Zeitaufwand auf 1.200 Stunden geschätzt, worauf das Landgericht einen Vorschuss in Höhe von EUR 330.000,- bei der Antragsgegnerin anforderte. Die Antragsgegnerin kritisierte diesen Kostenvorschuss als "maßlos überhöht und nicht nachvollziehbar". Nachdem der Sachverständige zu dieser Kritik Stellung genommen und die vorgesehenen Prüfungshandlungen dargelegt hatte, lehnte die Antragsgegnerin ihn wegen Befangenheit und "mangelnder Eignung" ab.
Diesen Befangenheitsantrag hat das LG Berlin nunmehr mit Beschluss vom 17. März 2015 zurückgewiesen. Das Ablehnungsgesuch sei bezüglich des Arguments der veranschlagten Kosten verspätet. Diese seien mit gerichtlichen Schreiben vom 13. Oktober 2014 bekannt gegeben worden, so dass der Ablehnungsschriftsatz vom 23. Januar 2015 die Zweiwochenfrist des § 406 Abs. 2 ZPO deutlich überschritten habe (S. 11). Auch in der Sache sei das Gesuch nicht begründet. Dem Sachverständigen sei kein von vornherein unzutreffendes Verständnis des Beweisbeschlusses vorzuwerfen. Dieser beziehe sich auch nicht nur auf die Vertretbarkeit des Parteigutachtens. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Begutachtung dürfe zwar kein übertriebener Aufwand betrieben werden, etwa wenn es keinen oder nur ein verschwinden geringen Einfluss auf das Endergebnis gebe. Jedoch müsse ein Sachverständiger seine Tätigkeit nicht laufend daraufhin überprüfen, ob er eine Beantwortung der Beweisfragen im gerade noch vertretbaren Umfang und unter dem geringstmöglichen Aufwand vornehme (S. 13). Insgesamt lasse sich kein Vorfestlegung zu Lasten der Antragsgegnerin erkennen.
Bei der von der Antragsgegnerin vorgebrachten mangelnden Eignung handele es sich um keinen Ablehnungsgrund des § 42 Abs. 2 ZPO. Das Gericht habe auch keinerlei Zweifel an dessen fachlicher Eignung.
LG Berlin, Az. 102 O 97/12.SpruchG
Helfrich u.a. ./. ATON GmbH
79 Antragsteller
gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Christoph Regierer, Berlin
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, ATON GmbH,
Rechtsanwälte Hoffmann Liebs Fritsch & Partner, 40474 Düsseldorf
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen