- nachfolgend „Kläger zu 3“ -
- der Kläger zu 1., der Kläger zu 2. sowie der Kläger zu 3. zusammen die „Kläger“ -,
gegen
BAUER Aktiengesellschaft, vertreten durch Vorstand und Aufsichtsrat
Prozessbevollmächtigte: TOPJUS Rechtsanwälte Kupferschmid & Partner mbB, Lenbachstr. 19 – 21, 86529 Schrobenhausen, zuvor: GSK Stockmann Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB
- nachfolgend „Beklagte“ -
- die Kläger und die Beklagte zusammen die „Parteien“ -,
schließen die Kläger mit der Beklagten auf Vorschlag und Anraten des Gerichts den nachfolgenden Prozessvergleich:
Vorbemerkung
(1) Am 18. November 2022 fand eine außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt, auf der eine Erhöhung des Grundkapitals der Beklagten von zurzeit 111.186.566,76 EUR, eingeteilt in 26.091.781 auf den Inhaber lautenden Stückaktien, um bis zu 74.124.374,99 EUR durch Ausgabe von bis zu 17.394.520 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien in Form von Stammaktien (mit Stimmrecht) mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von gerundet EUR 4,26 je Stückaktie gegen Bareinlagen beschlossen wurde (nachfolgend die „Kapitalerhöhung“). Einen Bezugsrechtshandel hatte die Beklagte nicht eingerichtet.
(2) Die SD Thesaurus GmbH, München, (nachfolgend der “Festzeichner”), die derzeit noch keine Aktien der Gesellschaft hält, hat sich der Beklagten gegenüber verpflichtet, nicht von Aktionären der Gesellschaft bezogene neue Aktien zum Bezugspreis zu erwerben, jedoch maximal bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 70 Mio. EUR (unter Einschluss der etwaigen Zeichnung von Aktien aus abgetretenen Bezugsrechten). Im Gegenzug für die vorstehende Verpflichtung des Festzeichners hat sich die Beklagte gegenüber dem Festzeichner verpflichtet, dessen entsprechendes Zeichnungs- und Erwerbsangebot anzunehmen und die entsprechende Zahl von neuen Aktien zuzuteilen, jedoch nur sofern und soweit nach Ausübung der den anderen Aktionären der Beklagten zustehenden Bezugsrechte noch neue Aktien zur Verfügung stehen (nachfolgend die „Zuteilungsvereinbarung“).
(3) Der Kläger zu 1 unter dem Az. 5 HK O 14317/22 sowie der Kläger zu 2 und der Kläger zu 3. unter dem Az. 5 HK O 15437/22 haben vor dem Landgericht München I jeweils Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage (nachfolgend die „Anfechtungsverfahren“) erhoben. Sie machen u. a. geltend, dass abhängig vom jeweiligen Börsenkurs ein faktischer Bezugszwang aufgrund eines Verwässerungsschadens bestehen könne - vor allem, weil ein Bezugsrechtshandel von der Beklagten nicht eingerichtet wird und ein etwaiger Wert des Bezugsrechts nicht realisiert werden kann. Auch halten es die Kläger für geboten, dass den Aktionären Mehrbezugsrechte für nicht gezeichnete Aktien eingeräumt werden.
(4) Die Beklagte hat beim Oberlandesgericht München ein Freigabeverfahren eingeleitet, das unter dem Aktenzeichen 23 AktG 6/22 e geführt wird (nachfolgend das „Freigabeverfahren“).
(5) Die Parteien sind gemeinsam zu der Überzeugung gelangt, dass es unter Berücksichtigung der unternehmerischen Bedeutung einerseits und der Interessenlage der Minderheitsaktionäre andererseits (insbesondere aber auch aufgrund der nach der Hauptversammlung in der ad-hoc-Meldung vom 6.12.2022 offengelegten deutlichen Verschlechterung der bis dahin kommunizierten Vermögens- und Ertragslage der Beklagten) im Interesse der Beklagten und ihrer Aktionäre liegen könnte, den weiteren Rechtsverfolg einer Beschlussvernichtung der Kapitalerhöhung zu vermeiden und das Anfechtungsverfahren sowie das Freigabeverfahren einvernehmlich zu beenden.
(6) Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Parteien ohne Aufgabe ihrer jeweiligen rechtlichen und sachverhaltlichen Standpunkte auf Initiative der Beklagten zur gütlichen Beilegung der rechtlichen Auseinandersetzungen sowie zur Vermeidung weiterer gerichtlicher Rechtsstreitigkeiten (mit der Einschränkung durch nachfolgende Ziffer 5.4) nach richterlicher Prüfung und Empfehlung folgenden
Prozessvergleich:
1. Bezugsrechtshandel
1.1. Die Beklagte verpflichtet sich unwiderruflich und bedingungslos, im Rahmen der Durchführung der Kapitalerhöhung einen börslichen Bezugsrechtshandel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse für die Dauer der Bezugsfrist mit Ausnahme der letzten beiden Börsenhandelstage einzurichten.
1.2. Die Verpflichtung der Beklagten nach Ziff. 1.1 gilt als echter Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB) gegenüber allen Aktionären der Beklagten.
2. Überbezugsrecht
2.1. Die SD Thesaurus GmbH, München, hat sich der Beklagten gegenüber im Rahmen der Zeichnungs- und Erwerbsvereinbarung (Zuteilungsvereinbarung) verpflichtet, alle nicht von anderen Aktionären der Beklagten bezogenen neuen Aktien zum Bezugspreis bis zu einem maximalen Gesamtbetrag in Höhe von 70 Mio. EUR zu erwerben. Im Gegenzug für die vorstehende Verpflichtung hat sich die Beklagte gegenüber der SD Thesaurus GmbH verpflichtet, dieses Zeichnungs- und Erwerbsangebot anzunehmen und ihr die entsprechende Zahl von neuen Aktien zuzuteilen (siehe Adhoc-Mitteilung der Beklagten vom 02. Dezember 2022).
2.2. Die Parteien sind sich einig, dass sämtliche Regelungen der Zuteilungsvereinbarung durch diesen Vergleich unangetastet bleiben, da das damit bekundete erhebliche wirtschaftliche Engagement der SD Thesaurus GmbH im Interesse der Beklagten ist.
2.3. Soweit die Beklagte in der Adhoc-Mitteilung vom 02. Dezember 2022 im Übrigen einen Mehrbezug der Aktionäre nicht eingerichtet hat, sind die Parteien übereinstimmend der Überzeugung, dass es im wohlverstandenen Interesse der Beklagten liegt, wenn die streitgegenständliche Kapitalerhöhung, welche unter Berücksichtigung des Bezugspreises von 6,00 Euro je Aktie ein Zeichnungsvolumen von bis zu insgesamt 104.367.120,00 Euro zur weiteren Eigenkapitalausstattung vorsieht, nach Möglichkeit in vollem Umfang platziert wird.
2.4. Vor diesem Hintergrund sind sich die Parteien einig, dass es vorteilhaft ist, sämtliche nicht von anderen Aktionären der Beklagten bezogenen neuen Aktien, welche nach vorrangigem Erwerb durch die SD Thesaurus GmbH gemäß Zuteilungsvereinbarung nicht übernommen worden sind, zunächst den übrigen Aktionären der Beklagten im Rahmen eines Überbezugsangebots zum Erwerb anzubieten und sodann möglicherweise weiter verbliebene Aktien auch bei anderen Investoren zu platzieren.
3. Prüfung der Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit der Darstellung der Vermögens- und Ertragslage bis zur Hauptversammlung gegenüber dem Aktionariat
Die Beklagte verpflichtet sich, auf ihre Kosten binnen einer Frist von einem Monat nach dem Wirksamwerden dieses Vergleiches und unverzüglich nach Benennung eines Berichterstatters eine Sachverhaltsermittlung durch einen neutralen Berichterstatter einzuleiten – und zwar mit dem Prüfungsauftrag, ob bis zum Ende der Hauptversammlung am 18.11.2022 die erst mit der ad-hoc-Meldung der Beklagten vom 6.12.2022 dargelegte wesentliche Verschlechterung der Vermögens- und Ertragslage der Beklagten erkennbar war. Den Berichterstatter soll der Vorsitzende Richter der Kammer des Prozessgerichts des Anfechtungsverfahrens benennen. Der Berichterstatter hat seine Erkenntnisse und sein Ergebnis schriftlich in einem Bericht zusammenzufassen. Der Bericht ist den Klägern unverzüglich nach dessen Erstellung vorzulegen.
4. Beendigung und Unterlassung von Verfahren
(...)
Schrobenhausen, im Januar 2023
BAUER Aktiengesellschaft
Der Vorstand
Quelle: Bundesanzeiger vom 7. Februar 2023