von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Die außerordentliche Hauptversammlung der Tele Columbus AG am 22. Februar 2024, zu der heute die Einladung im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist, soll einem grundlegenden Umstrukturierungskonzept zustimmen. Im Rahmen dieses Konzepts soll ein Einbringungsvertrag mit der Telekom Holdings 1 S.à. r.l. abgeschlossen und die Gesellschaftsanteile an den Konzernbeteiligungen in eine luxemburgische Gesellschaft eingebracht werden. Durch die geplante "Double-LuxCo-Struktur" erhalten die Gläubiger eine umfassende und relativ leichte Verwertungsmöglichkeit. Es besteht dabei die Gefahr, dass für die Minderheitsaktionäre der Tele Columbus AG wenig übrig bleiben wird, ohne dass eine effektive Überprüfungsmöglichkeit wie etwa bei einem Squeeze-out besteht.
Unter TOP 1 der Hauptversammlungsagenda wird der zu fassende Beschluss wie folgt begründet:
"Die Tele Columbus AG (auch die „Gesellschaft“) hatte mit einigen ihrer maßgeblichen Finanzgläubiger (gemeinsam die „Ad-Hoc-Gruppe“) Verhandlungen geführt über eine - angesichts der näher rückenden Endfälligkeit des von der Gesellschaft im Umfang von EUR 462 Millionen in Anspruch genommenen Konsortialkreditvertrags (Term Loan) und ihrer in Höhe von EUR 650 Millionen begebenen Anleihe erforderlich gewordene - nachhaltige Sanierung der Gesellschaft (einschließlich ihrer Tochter- und Enkelgesellschaften). Die beiden zentralen Finanzierungsinstrumente bzw. -verbindlichkeiten der Tele Columbus AG sollen verlängert und vertraglich entsprechend angepasst werden.
In einer verbindlichen Vereinbarung vom 22. November 2023 („Lock-Up-Vereinbarung“) hat sich die Ad-Hoc-Gruppe zu diesem Zweck verpflichtet, die Anpassung und Verlängerung der Finanzierungen im Gesamtwert von ca. EUR 1,1 Milliarden (ohne Veränderung der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Forderungshöhe) bis Oktober 2028 zu unterstützen. Ihre Mitglieder halten die Mehrheit der Finanzverbindlichkeiten der Gesellschaft unter dem Konsortialkreditvertrag und der Anleihe. Die Mehrheitsaktionärin der Gesellschaft, die Kublai GmbH, hat unterdessen zugesagt, den für die Verlängerung und die Anpassung der Finanzverbindlichkeiten mit der Ad-Hoc-Gruppe vereinbarten und erforderlichen (Gesellschafter-)Beitrag in Höhe von EUR 300 Millionen unter dem Vorbehalt bereitzustellen, dass die Kublai GmbH ihrerseits die erforderlichen Mittel von der Hilbert Management GmbH, der Mehrheitsgesellschafterin der Kublai GmbH, zur Verfügung gestellt bekommt; zu diesem Zweck ist die Kublai GmbH der Lock-Up-Vereinbarung beigetreten. Von dem zugesagten Beitrag sollen die seit dem Frühsommer 2023 von der Hilbert Management GmbH zur Verfügung gestellten Brückengesellschafterdarlehen in Höhe von bis zu EUR 97 Millionen zurückgeführt werden.
Die Ad-Hoc-Gruppe hat ihre Unterstützung in den Verhandlungen zur Lock-Up-Vereinbarung u.a. von einer Umstrukturierung der Tele Columbus-Gruppe abhängig gemacht, die den Finanzgläubigern im Verwertungsfall unter luxemburgischem Zwangsvollstreckungsrecht einen vereinfachten Zugriff auf die operative Gruppe gewähren soll. Das in der Lock-Up-Vereinbarung vorgesehene Umstrukturierungskonzept sieht zu diesem Zweck die Implementierung einer sogenannten Double LuxCo-Struktur vor. Ziel der Struktur ist es, (i) den Gläubigern der Gesellschaft ein zentrales Vollstreckungssubjekt (einen sogenannten single point of enforcement) einzuräumen, mit dem im Verwertungsfall über die Vollstreckung in verpfändete Gesellschaftsanteile die Kontrolle über die operative Gruppe übernommen werden kann, und (ii) das luxemburgische Vollstreckungsrecht zur Anwendung zu bringen, das dem Vollstreckungsgläubiger eine kostengünstigere, einfachere, schnellere und effektivere Vollstreckung ermöglicht, als es das deutsche Recht zulässt. Aus Sicht der Gesellschaft handelt es sich um eine nachvollziehbare, legitime und nicht unübliche Forderung der Finanzgläubiger im Zusammenhang mit einer wie hier im Raum stehenden Verlängerung bestehender Finanzinstrumente über mehrere Jahre.
Umgesetzt werden soll das Konzept, indem zwei nach luxemburgischem Recht gegründete und in Luxemburg ansässige Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der société à responsabilité limitée („S.à.r.l.“) („LuxCo“) als (mittelbare) Tochtergesellschaften der Gesellschaft zwischen die Tele Columbus AG und ihre derzeitigen (und künftigen) Beteiligungen geschaltet werden.
Die Tele Columbus AG beabsichtigt zu diesem Zweck, zwei luxemburgische Gesellschaften, die Telekom Holdings 1 S.à.r.l. („LuxCo 1“) und die Telekom Holdings 2 S.à.r.l. („LuxCo 2“), zu erwerben. Derzeit hält ein Treuhänder sämtliche Anteile an der LuxCo 1 und (mittelbar) an der LuxCo 2 treuhänderisch für die Tele Columbus AG, wobei die LuxCo 1 alle Anteile an der LuxCo 2 hält. Bei Umsetzung des Umstrukturierungskonzepts wird die Gesellschaft sämtliche Anteile an der LuxCo 1 erwerben; die Anteile an der LuxCo 2 sollen weiterhin von der LuxCo 1 gehalten werden. Die jeweiligen Anteile an den beiden LuxCo und ihre selbst gehaltenen Anteile werden sicherheitshalber an die Finanzgläubiger unter dem Term Loan und der Anleihe verpfändet.
In einem nächsten Schritt soll die im Wesentlichen als Holding-Gesellschaft fungierende Tele Columbus AG ihre gegenwärtig gehaltenen Gesellschaftsanteile an ihren Beteiligungen, d.h. an den Gesellschaften der Tele Columbus-Gruppe in die LuxCo 1 einbringen, die die erhaltenen Anteile wiederum in die LuxCo 2 einbringen soll, und zwar jeweils im Wege der Sachkapitalerhöhung gegen Gewährung neuer Anteile. Im Ergebnis soll mithin die LuxCo 2 sämtliche Anteile an den Konzerngesellschaften der Tele Columbus-Gruppe halten. Im Einzelnen von der Implementierung der Double LuxCo-Struktur (mittelbar) betroffen sind damit die derzeit unmittelbar und mittelbar von der Tele Columbus AG gehaltenen insgesamt 41 Gesellschaften der Tele Columbus-Gruppe. An 13 dieser Gesellschaften ist die Gesellschaft unmittelbar beteiligt; bei 10 dieser Gesellschaften handelt es sich um 100-prozentige Tochtergesellschaften der Tele Columbus AG. Die Gesellschaft plant, die unmittelbaren Beteiligungen an anderen Gesellschaften (einschließlich der damit verbundenen mittelbaren Beteiligungen) in die Double LuxCo-Struktur zu überführen.
Hinsichtlich der Beteiligung der Tele Columbus AG an der als Treuhandgesellschaft ausgestalteten Tele Columbus Multimedia GmbH & Co. KG bedarf es hierzu zuvor einer Umwandlung in eine GmbH, um zu verhindern, dass die LuxCo 2 eine Betriebsstätte in Deutschland begründet (wie näher im Bericht des Vorstands zu diesem Tagesordnungspunkt unter II. dargestellt).
Die Gesellschaft beabsichtigt zur Implementierung der beschriebenen Double LuxCo-Struktur mit der LuxCo 1 einen Vertrag über die Einbringung von Gesellschaftsanteilen an den diversen anderen Gesellschaften in die LuxCo 1 im Wege einer Sacheinlage gegen Ausgabe neuer Geschäftsanteile an der LuxCo 1 abzuschließen. Im Anschluss werden diese Beteiligungen von der LuxCo 1 in die LuxCo 2 im Wege einer Sacheinlage gegen Ausgabe neuer Geschäftsanteile an der LuxCo 2 eingebracht; zu Bedingungen, die im Wesentlichen dem Inhalt des Einbringungsvertrags zwischen der Gesellschaft und der LuxCo 1 entsprechen (wie im Bericht des Vorstands zu diesem Tagesordnungspunkt unter II. dargestellt).
In dem zunächst abzuschließenden Einbringungsvertrag zwischen der Gesellschaft und der LuxCo 1 verpflichtet sich die Gesellschaft zur Einbringung der Beteiligungen (einschließlich der indirekten Beteiligungen) mit den im unter II. wiedergegebenen Vorstandsbericht zu diesem Tagesordnungspunkt aufgelisteten Anteilen an anderen Gesellschaften in die LuxCo 1 gegen Gewährung von neuen Geschäftsanteilen an der LuxCo 1. Die Einbringung der Geschäftsanteile der direkten Beteiligungen der Tele Columbus AG in die LuxCo 1 soll zum Buchwert erfolgen, um eine möglichst steuerneutrale Umstrukturierung zu erreichen.
Der Vorstand soll durch einen Beschluss der Hauptversammlung ermächtigt werden, die hier avisierte Umstrukturierung umzusetzen."