von Rechtsanwalt Martin Arends, ARENDTS ANWÄLTE
Wie von uns berichtet, hat der BGH mit seiner problematischen und durch die Faktenbasis nicht begründeten Frosta-Entscheidung seine bisherige Macrotron-Rechtsprechung aufgegeben (nach der ein in einem Spruchverfahren gerichtlich zu überprüfendes Barabfindungsgebot durch den Hauptaktionär abzugeben ist).
Gegen diese, für Minderheitsaktionäre (und damit für die Aktienkultur) sehr nachteilige Rechtsprechungsänderung gibt es im Wesentlichen drei Ansatzpunkte:
(1) Zutreffend fordern die Aktionärsvereinigungen DSW und SdK eine gesetzliche Neuregelung (die der Gesetzgeber bislang nicht für erforderlich gehalten hatte, da er das Delisting schon erfasst sah), siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2013/11/sdk-zur-delisting-entscheidung-des-bgh.html. Fraglich ist allerdings, ob dies bei der derzeitigen Großen Koalition zeitnah umzusetzen ist.
(2) Auch die Börsen könnten ein Delisting von einem Barabfindungsangebot abhängig machen. So fordert die Börse Düsseldorf, wie von uns berichtet, für ein "Totaldelisting weiterhin einen HV-Beschluss und ein den Anforderungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes genügendes Kaufangebot", siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/04/borse-dusseldorf-starkt-anlegerschutz.html.
(3) Ein neuer Ansatz geht dahin, eine entsprechende Regelung in der Satz der Gesellschaft zu verankern.
Eine entsprechende Beschlussvorlage findet sich in der aktuellen Einladung zur Hauptversammlung der GK SOFTWARE AG (Ergänzungsverlagen durch die Scherzer & Co. Aktiengesellschaft).
"Tagesordnungspunkt 8 –
1. Beschlussfassung über die Änderung der Satzung der GK SOFTWARE AG
Die Aktionärin Scherzer & Co. Aktiengesellschaft (vertreten durch die Vorstände Dr. Georg Issels und Hans Peter Neuroth) schlägt vor,
§ 4 der Satzung der Gesellschaft wird um folgenden Absatz (7) ergänzt:
„Die Aktien der Gesellschaft sind börsennotiert i.S.d. § 3 Abs. 2 AktG.“
Tagesordnungspunkt 9 –
2. Beschlussfassung über die Änderung der Satzung der GK SOFTWARE AG
Die Aktionärin Scherzer & Co. Aktiengesellschaft (vertreten durch die Vorstände Dr. Georg Issels und Hans Peter Neuroth) schlägt vor,
§ 4 der Satzung der Gesellschaft wird um folgenden Absatz (8) ergänzt:
„Die Börsennotierung kann aufgrund eines Antrags der Gesellschaft nur dann beendet werden, wenn den Aktionären ein Abfindungsangebot nach den Grundsätzen der „Macrotron“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25. November 2002, II ZR 133/01, BGHZ 153, 47) gemacht wird. Die Abfindungshöhe kann gerichtlich durch das Prozessgericht am Sitz der Gesellschaft aufgrund eines Antrages eines jeden Aktionärs auf die Angemessenheit überprüft werden. Die Änderung dieser Satzungsregel setzt nach § 179 Abs. 2 S. 3 AktG voraus, dass den Aktionären ein Abfindungsangebot nach S. 1-2 gemacht wird.“
Zur Begründung dieses Ergänzungsantrages hat die Aktionärin Scherzer & Co. Aktiengesellschaft (vertreten durch die Vorstände Dr. Georg Issels und Hans Peter Neuroth) Folgendes mitgeteilt:
In seiner sog. „Frosta“-Entscheidung hat der Bundesgerichtshof seine sog. „Macrotron“-Rechtsprechung (Urteil vom 25. November 2002, II ZR 133/01 , BGHZ 153, 47) aufgegeben und die Auffassung vertreten, dass entgegen der „Macrotron“-Rechtsprechung der Widerruf der Zulassung einer Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der AG weder eines Hauptversammlungsbeschlusses noch eines Abfindungsangebots über den Kauf der Aktien der Minderheitsaktionäre bedürfe, sondern gewissermaßen jederzeit durch den Vorstand ohne Einhaltung dieser Voraussetzungen beantragt werden könne (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2013, II ZB 26/12, BGH AG 2013, 877 ff.). Der nach Maßgabe dieser Entscheidung jederzeit mögliche Rückzug vom Handel im regulierten Markt birgt für Aktionäre mehrere Gefahren. So nimmt oder verschlechtert der Rückzug von der Börse den Aktionären die sonst grundsätzlich jederzeit mögliche einfache Veräußerbarkeit ihres Investments. Zudem fallen die an eine Börsennotierung im regulierten Markt geknüpften gesetzlichen Veröffentlichungspflichten insb. nach dem WpHG und WpÜG und damit die gesetzliche Gewähr dafür weg, dass die Aktionäre umgehend über wesentliche Entwicklungen bei der AG informiert werden. Zudem entfallen aufgrund eines Delisting zahlreiche aktien-, kapitalmarkt- und bilanzrechtliche Vorschriften, die zum Schutz der AG (z.B. in Hinblick auf Verjährungsfristen für die Haftung von Verwaltungsmitgliedern) und ihrer Aktionäre an die Börsennotierung anknüpfen. Ferner kann ein Delisting wirtschaftlich zum Wegfall oder jedenfalls zur Einschränkung der Verpfändbarkeit der Aktien führen, da Kreditgeber häufig nur börsennotierte Aktien als Pfand akzeptieren (dürfen). Es liegt daher im Interesse der Aktionäre, aber auch der Aktiengesellschaft, Sicherheit darüber zu erhalten, dass die Aktien der AG auch in Zukunft im regulierten Markt börsennotiert bleiben und die Börsennotierung nicht ohne Einbindung der Hauptversammlung wegfallen kann.
Die Aktionäre haben es in der Hand, durch Änderung der Satzung verbindlich zu regeln, dass die Aktien dauerhaft im regulierten Markt börsennotiert sein sollen, so dass die Gefahr eines plötzlichen, ohne Einbindung der Aktionäre initiierten Börsenrückzugs nicht mehr besteht; das Mittel dazu ist die hiermit vorgeschlagene Verankerung der Börsennotierung in der Satzung.
Zudem soll durch Satzungsänderung sichergestellt werden, dass der Rückzug von der Notierung im regulierten Markt nur zulässig ist, wenn entsprechend der „Macrotron“-Rechtsprechung die Aktiengesellschaft oder der Großaktionär ein Pflichtangebot über den Kauf der Aktien der Minderheitsaktionäre unterbreitet. Unsere Gesellschaft ist der Auffassung, dass – wie es in der „Macrotron“-Entscheidung heißt – ein adäquater Schutz der Minderheit beim regulären Delisting nur dann gewährleistet ist, wenn der Inhalt des Pflichtangebotes die Erstattung des vollen Wertes des Aktieneigentums ist und die Minderheitsaktionäre diesen Umstand in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen können.
Die mit diesem Verlangen verfolgten Handlungsmöglichkeiten des Aktionariats zur Sicherung der Börsennotierung sind aktienrechtlich anerkannt. Das folgt schon daraus, dass der Bundesgerichtshof seine „Macrotron“-Rechtsprechung auf der Basis des geltenden Aktiengesetzes entwickelt hat und z.B. auch das Bundesverfassungsgericht keine Zweifel an der Zulässigkeit der Rechtsprechung geäußert hat (Urteil vom 11. Juli 2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 –, BVerfGE 132, 99). Das Instrumentarium der Satzungsänderung zur Sicherung der Börsennotierung ist im aktienrechtlichen Schrifttum anerkannt (Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht, Vor §§ 327 a ff. AktG Rn. 18; Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Vor § 311 Rn. 38, Fn. 187; Schockenhoff, ZIP 2013, 2429, 2434; Arnold ZIP 2005, 1573, 1576). Denn gesetzliche Regelungen des Aktiengesetzes stehen dem nicht entgegen (§ 23 Abs. 5 S. 2 AktG). (...)
Zweck und Gründe des Verlangens auf Ergänzung der Tagesordnung folgen aus den oben in Zusammenhang mit der Tagesordnung dargestellten Gründen. Eine bestehende Börsennotierung ist ein schützenswertes Gut. Die Beendigung der Börsennotiz greift u.E. ganz grundlegend in die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der (Minderheits-)Aktionäre ein. Die Vorschriften von Börsengesetz und Börsenordnungen genügen nicht dem Schutz der Vermögensinteressen der Aktionäre, die ihre Beteiligung regelmäßig unter Geltung der „Macrotron“-Rechtsprechung eingegangen sind. Nach der Aufgabe der „Macrotron“-Rechtsprechung durch den BGH ist der gebotene Schutz – d.h. Hauptversammlungsbeschluss nebst Abfindungsangebot – im Wege der Satzungsänderung festzuschreiben."
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