Die Aktionärsvereinigung SdK (Schutzgemeinschaft der
Kapitalanleger e.V.) kommt in ihrer im
Sonderteil „Schwarzbuch Börse“ dargestellten „OLG-Studie“ zu einem „schwarzen“,
sehr pessimistischen Fazit: „Spruchverfahren vor den OLG Stuttgart und
Frankfurt stellen sich zunehmend als reine Farce dar.“ Von einer unparteilichen
Rechtsprechung könne nicht mehr die Rede sein. Ermessensentscheidungen bei
Schätzungen von Abfindungen würden tendenziös ausgeübt.
Bereits der Prüfungsbericht sei aufgrund der Parallelprüfung
aussageleer (wobei als positives Gegenbeispiel der aufgrund detaillierter
Vorgaben enthaltende Bestellungsbeschluss im Spruchverfahren Deutsche Immobilien
Holding AG entstandene Prüfungsbericht zitiert wird). Kritisiert wird, dass im
Bereich der OLG Stuttgart und Frankfurt im Rahmen von Spruchverfahren in
letzter Zeit keine gerichtlichen Gutachter mehr bestellt würden. Durch das
„Vertretbarkeitspostulat“ werde nicht mehr konsequent anhand von Tatsachen
geprüft, wozu die Hinzuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen
erforderlich sei. Dies ergebe einerseits interessenbezogene
Unternehmensbewertungen mit niedrigen Unternehmenswerten bei Abfindungsfällen und
andererseits einen unrealistisch hohen Unternehmenswert in Verschmelzungsfällen
(wobei als abschreckendes Beispiel die Entscheidung des OLG Stuttgart zur
Verschmelzung IWKA/Ex-Cell-O genannt wird).
Die niedrigen Unternehmenswerte ließen sich vor allem auf
die verwendete Marktrisikoprämie und den angesetzten Wachstumsabschlag
zurückführen. Die von den OLG auf 5,5 % geschätzte Marktrisikoprämie beruhe auf
einer Studie von Stehle für einen einzigen Zeitraum (1955 – 2003). Alle
Annahmen der Studie von Stehle seien jedoch falsifiziert, was von den
Antragstellern auch vorgetragen worden sei. Beim Wachstumsabschlag sei das OLG
Stuttgart von höchsten 1 % ausgegangen, das OLG Frankfurt von 0,5 % bis 1,5 %,
wobei jeweils davon ausgegangen worden sei, dass die Wachstumsrate unter der
geschätzten Inflationsrate liege. Diese Annahme der unvollständigen Überwälzung
von Preissteigerungen stützte sich ebenfalls nur auf eine interessenbezogene
Untersuchung, die von aktuellen empirischen Untersuchungen als für kapitalmarktorientierte
Unternehmen nicht zutreffend widerlegt werde. Auch sei das Gewinnwachstum
branchenbezogen völlig unterschiedlich. Der Umstand, dass die OLG die
Richtigkeit im Sinne einer Vertretbarkeit nicht aus den empirischen Ergebnissen
der Wirtschaftswissenschaft ableiteten, sondern aus ihren früheren Urteile, sei
eine „Fehlerfortpflanzung“.
Die Ergebnisse einer Unternehmensbewertung nach dem
Ertragswertverfahren könnten nur dann akzeptiert werden, wenn diese konsistent
zu anderen Methoden der Unternehmensbewertung seien (vgl. „Best-Practice-Empfehlungen
Unternehmensbewertung“). In keiner der untersuchten OLG-Entscheidungen habe
sich das Gericht mit alternativen Verfahren, wie etwa mulitiplikatorbasierte
Verfahren (Kaufpreise vergleichbarer Transaktionen) auseinandergesetzt, obwohl
von Antragstellern darauf hingewiesen.
In die Plausibilitätsbeurteilung sei auch die Verfassung des
Kapitalmarktes nicht eingeflossen (8 der 16 untersuchten Spruchverfahren
betrafen den Zeitraum 2002 bis 2004 mit besonders niedrigen Kursen). Im Verfahren Carl Schenck AG habe das OLG eine Erhöhung des Wachstumsabschlags auf
1,75 % als nicht plausibel abgelehnt, weil dann der Ertragwert um 50% über dem
Börsenkurs gelegen hätte. Andererseits würden geringfügige Abweichungen (laut OLG
Stuttgart bis zu 10 %) keine Unangemessenheit begründen, so dass es unter dem
Vertretbarkeitspostulat so gut wie nie eine Erhöhung geben könne: Entweder sei
die Abweichung zu gering oder würde bei größeren Abweichungen als nicht
plausibel angesehen.
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