Die von diversen Aktionären beim Landgericht Bremen anhängig gemachten Anfechtungsklagen gegen den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung vom 28.Februar 2012 über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Deutsche Immobilien Holding AG auf die Zech Group GmbH gegen Gewährung einer Barabfindung sind durch Prozessvergleich im Beschlussverfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO und die damit verbundene Rücknahme der Klagen beendet worden.
Geschäfts-Nr.: 13- 0- 77/12 Landgericht Bremen
in Sachen
1. - 7. (…)
Kläger
gegen
Deutsche Immobilien Holding Aktiengesellschaft,
Lahusenstraße 25, 27749 Delmenhorst
Beklagter
Nebenintervenienten:
1.- 7. (…)
I.
Die Firma Zech Group GmbH, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten -- Beitretende zu 1)
II.
Es wird gemäß § 278 VI ZPO festgestellt, dass sich die Parteien wie folgt verglichen haben:
Präambel
Die Kläger haben als Aktionäre der Beklagten gegen den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 28. Februar 2012 über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten auf die Beitretende gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von EUR 1,72 je auf den Inhaber lautende Stückaktie der Beklagten (nachfolgend „Übertragungsbeschluss“) Anfechtungsklagen erhoben, die bei dem Landgericht Bremen unter dem führenden Aktenzeichen 13-0-77/12 anhängig sind („Anfechtungsverfahren“). Die Nebenintervenienten sind diesem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten.
Wesentliche Anfechtungsklagen wurden dahingehend geltend gemacht, dass der gerichtlich bestellte Abfindungsprüfer die angebotene Barabfindung als nicht angemessen beurteilte, die Beitretende keine Gewährleistungserklärung eines in Deutschland zugelassenen Kreditinstituts in Höhe einer angemessenen Barabfindung vorlegte und die Stimmrechte des Hauptaktionärs in der außerordentlichen Hauptversammlung nicht ordnungsgemäß vertreten waren.
Die Beklagte hat mit Antrag vom 16. Mai 2012 beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen einen Antrag gem. § 246a AktG gestellt, mit dem Ziel festzustellen, dass die beim Landgericht Bremen unter dem führenden Aktenzeichen 13-0-77/12 rechtsanhängigen Klagen gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der Hauptversammlung vom 28.02.2012 der Eintragung in das Handelsregister der Beklagten nicht entgegenstehen. Diesen Antrag hat das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen mit Beschluss vom 16.08.2012 kostenfällig abgewiesen.
Die Parteien haben sich im Interesse aller Minderheitsaktionäre verbindlich auf die Eckpunkte eines Prozessvergleichs verständigt und schließen daher auf Anraten und Empfehlung des Gerichts den nachfolgenden
Prozessvergleich:
A. Im Rahmen einer einvernehmlichen Erledigung der Anfechtungsverfahren verpflichtet sich die Beitretende zu 1) zu nachfolgender Erhöhung der Barabfindung unter dem Übertragungsbeschluss:
1. Die im Übertragungsbeschluss festgelegte Barabfindung von EUR 1,72 je auf den Inhaber lautende Stückaktie der Beklagten wird um EUR 1,03 (entspricht 60%) auf EUR 2,75 je auf den Inhaber lautende Stückaktie der Beklagten erhöht.
2. Eine Verzinsung des erhöhten Barabfindungsbetrages gemäß vorstehender Ziffer 1 erfolgt in Höhe von 5% über dem Basiszins ab dem Tag der beschlussfassenden Hauptversammlung.
3. Anspruchsberechtigt sind sämtliche Minderheitsaktionäre der Beklagten, deren Aktien mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister der Beklagten auf die Beitretende übergehen. Soweit anspruchsberechtigte Minderheitsaktionäre der Beklagten nicht verfahrensbeteiligt sind, stehen ihnen die Ansprüche gemäß vorstehender Ziffern 1 und 2 auf Grund eines echten Vertrages zugunsten Dritter zu (§ 328 BGB).
4. Die Verpflichtung gemäß vorstehender Ziffer 1 ist von der Beitretenden zu 1) unverzüglich nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister zu erfüllen.
5. Alle aus dem vorgenannten Vergleich resultierenden Abfindungs- und Ausgleichszahlungen und Abwicklungskosten, wie etwa Bankprovisionen, trägt die Beitretende zu 1).
6. Sollte ein Gericht in einem Spruchverfahren über die Festsetzung der angemessenen Barabfindung eine höhere als die angebotene Barabfindung rechtskräftig festsetzen oder sollte in einem solchen Verfahren eine Erhöhung der Barabfindung zur Verfahrensbeendigung zwischen den Parteien eines solchen Verfahrens vereinbart werden (nachfolgend „Erhöhungsbetrag im Spruchverfahren“), dann ist der Erhöhungsbetrag gemäß vorstehender Ziffer 1 auf den Erhöhungsbetrag im Spruchverfahren anzurechnen. Der Erhöhungsbetrag gemäß vorstehender Ziffer 1 gilt insoweit als Vorauszahlung auf den Erhöhungsbetrag im Spruchverfahren.
B. Die Beklagte wird das Handelsregister von dem Abschluss dieses Vergleichs nach Rücknahme der Klage gemäß Abschnitt D in Kenntnis setzen, um die Eintragung des Übertragungsbeschlusses herbeizuführen.
C. Die Gerichtskosten des Anfechtungsverfahrens, die außergerichtlichen Kosten (auch im Sinne des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO) der Kläger und der Nebenintervenienten und die Kosten dieses Vergleichs sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten trägt die Beitretende zu 1). § 91 Abs. 2 S.2 ZPO findet keine Anwendung mit der Maßgabe, dass jeder Kläger und jeder Nebenintervenient maximal die Erstattung der außergerichtlichen Kosten für je einen Anwalt in Anspruch nehmen kann.
1. Der Streitwert wird auf EUR 500.000,00 und der Wert des Vergleichs („Gesamtwert“) auf EUR 1.737.666 (Vergleichsmehrwert damit EUR 1.237.666) festgesetzt. Der Vergleichsmehrwert ergibt sich aus der Multiplikation der 1.201.617 Aktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten mit dem Erhöhungsbetrag von EUR 1,03 je Aktie.
2. Die Parteien beziehen dabei einvernehmlich abschließend folgende Gebühren für die Berechnung ein:
(a) |
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG nach Streitwert
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(b) |
0,8 Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG nach Vergleichsmehrwert
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(c) |
1,2 Termingebühr Nr. 3104 VV RVG nach Gesamtwert
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(d) |
1,0 Einigungsgebühr Nr. 1003 VV RVG nach Streitwert
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(e) |
1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG nach dem Vergleichsmehrwert
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(f) |
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG zzgl. 19% MWST
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Im Hinblick auf Ziffer d) und e) findet § 15 Abs. 3 RVG Anwendung.
Hinsichtlich der Vertretung der Kläger zu 2.) und 3.) gelten die Regeln bezüglich der Mehrfachvertretung gemäß Nr. 1008 W RVG (0,3 Erhöhungsgebühr).
Die von den Klägern gezahlten Vorschüsse auf die Gerichtskosten werden von der Beitretenden zu 1) auf Nachweis an den jeweiligen Kläger erstattet. Verauslagte Gerichtskosten, die das Gericht den Klägern zurückerstattet, leiten diese unaufgefordert spätestens 10 Bankarbeitstage nach Eingang an die Beitretende zu 1) weiter, sofern die Kläger insoweit bereits eine Erstattung von der Beitretenden zu 1) erhalten haben.
3. Die Parteien erkennen die Werte gemäß vorstehender Ziffer 1 und 2 als verbindlich an.
4. Auf vorstehende Kosten entfaltende Mehrwertsteuer übernimmt die Beitretende, sofern ein Kläger nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist (Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO reicht aus). Jedenfalls die vorstehend bezeichneten Kläger 1.), 2.), 3.), 4.), 5.),6.) und 7.) sowie die Nebenintervenienten 1.), 2.) 3.), 4.), 5.), 6.) und 7.) sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Auf die Einleitung eines Kostenfestsetzungsverfahrens wird verzichtet. Der Verzicht auf die Einleitung eines Kostenfestsetzungsverfahrens steht unter dem Vorbehalt, dass die Beitretende zu 1) die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten gemäß diesem Vergleich nach Fälligkeit erstattet.
5. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten wird mit Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister der Beklagten fällig und ist zahlbar binnen 10 Bankarbeitstagen nach Eingang einer Zahlungsaufforderung des jeweiligen Klägers, Nebenintervenienten oder seines Prozessbevollmächtigen bei der Beklagten oder ihrem Prozessbevollmächtigten. Die Zahlungsaufforderung kann auch per Telefax übermittelt werden.
D. Die Kläger nehmen in Ansehung und im Zuge des Vergleichs hiermit ihre unter dem Aktenzeichen 13-0-77/12 verbundenen Klagen gegen den Übertragungsbeschluss zurück. Die. Beklagte stimmt den Klagerücknahmen zu. Die Parteien stellen übereinstimmend fest, dass der Übertragungsbeschluss wirksam werden soll. Die Kläger und die am Vergleich beteiligten Nebenintervenienten verzichten auf die Erhebung von Nichtigkeitsklagen oder altgemeinen Feststellungsklagen gegen den Übertragungsbeschluss und werden die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des Beschlusses und die Eintragung im Handelsregister weder gerichtlich noch außergerichtlich in irgendeiner Form angreifen.
E. Vorstehende Vereinbarungen lassen die Kostenentscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen im Freigabeverfahren (Az. 2 U 51/12 (AktG)) unberührt.
F. Mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister und Erfüllung dieses Vergleichs sind alte Ansprüche der Kläger und der Nebenintervenienten einerseits und der Beklagten sowie der Beitretenden andererseits, die im Zusammenhang mit dem Squeeze-out stehen, vorbehaltlich der Zahlungsverpflichtungen aus dem Freigabeverfahren erledigt. Hiervon ausgenommen ist die Einleitung und das Betreiben eines Spruchverfahrens sowie die Partizipation an dessen Ergebnis.
G. Dieser Vergleich wird auf Kosten der Beklagten unverzüglich nach Wirksamwerden im vollen Wortlaut, jedoch ohne Privatanschriften der Kläger und der Nebenintervenienten und ohne Benennung von deren Prozessbevollmächtigten, in der nächst erreichbaren Ausgabe des elektronischen Bundesanzeigers und in einem werktäglich erscheinenden Börsenpflichtblatt, nicht jedoch dem Druckerzeugnis „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, veröffentlicht. Sofern die Beklagte den Vergleichsabschluss nicht binnen 10 Bankarbeitstagen nach Wirksamwerden veröffentlicht, ist jeder Kläger und jeder Nebenintervenient berechtigt, die Veröffentlichung des Vergleichsabschlusses namens und auf Kosten der Beklagten zu veranlassen.
H. Jedwede Leistung der Beklagten und der Beitretenden zu 1) steht unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister.
I. Es bestehen zwischen den Parteien keine Nebenabreden, die nicht Gegenstand dieses Vergleichs sind. Die Beklagte und die Beitretende versichern, dass im Zusammenhang mit diesem Vergleich keinem Kläger oder Nebenintervenienten Sondervorteile gewährt, zugesagt oder in Aussicht gestellt worden sind. Die Parteien erklären im Hinblick auf § 814 BGB übereinstimmend, dass über diesen im vollständigen Wortlaut gemäß Abschnitt G bekannt gemachten Vergleich hinaus keine weiteren Vereinbarungen oder Abreden bestehen und keine Leistungen erbracht oder in Aussicht gestellt wurden, welche gemäߧ§ 248a i.V.m. 149 Abs. 2 AktG bekannt zu machen wären. Für den Fall, dass dennoch weitere Leistungen erbracht wurden, sind sich die Verfahrensbeteiligten darüber bewusst, dass eine Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen ist. Entsprechendes gilt für Leistungen Dritter, die der Beklagten und/oder der Beitretenden zu1) nahe stehen. Die Beklagte und die Beitretende stehen dafür ein, dass die hier vereinbarte Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern vollständig i.S.d. § 149 Abs. 2 Satz 3 AktG ist und auch vollständig bekannt gemacht wird.
J. Änderungen und Ergänzungen dieses Vergleichs einschließlich dieser Klausel bedürfen der Schriftform. Die Parteien verpflichten sich, eine undurchführbare oder unwirksame Bestimmung von Beginn der Unwirksamkeit an durch eine Bestimmung zu ersetzen, die dem angestrebten Ziel wirtschaftlich möglichst nahe kommt. Die vorstehenden Sätze gelten für etwaige Lücken dieses Vergleichs entsprechend.
K. Dieser Vergleich unterliegt dem deutschen Recht. Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vergleich ist - soweit gesetzlich zulässig - Bremen.
Quelle: Bundesanzeiger vom 4. Juni 2013