von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
In dem Spruchverfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der P&I Personal & Informatik AG als beherrschter Gesellschaft und der Argon GmbH hat das OLG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 29. Januar 2016 die von dem gemeinsamen Vertreter eingelegte Beschwerde verworfen und die Beschwerden mehrerer Antragsteller zurückgewiesen. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.
Erstinstanzlich hatte das Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 24. Februar 2015 den angemessenen Ausgleich gem. § 304 AktG auf netto EUR 1,68 zzgl. Körperschaftssteuerbelastung und Solidaritätszuschlag und somit brutto EUR 1,93 festgesetzt (statt der in dem Vertrag vereinbarten EUR 1,55 netto bzw. EUR 1,78 brutto). Hinsichtlich der Abfindung in Höhe von EUR 25,01 hatte das Landgericht keine Anhebung für erforderlich gehalten, siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2015/03/spruchverfahren-beherrschungs-und.html.
Gegen den Beschluss des Landgerichts hatten 20 Antragsteller und der gemeinsame Vertreter Beschwerden eingelegt. In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung folgt das OLG Frankfurt am Main nunmehr der Stinnes-Entscheidung des BGH (siehe: http://spruchverfahren.blogspot.de/2016/01/stinnes-entscheidung-des.html) und hält eine Beschwerde durch den gemeinsamen Vertreter für nicht mehr zulässig.
Die von den Antragstellern eingelegten Beschwerden hält das OLG für unbegründet. Der unmittelbar nach dem Stichtag erfolgte Großauftrag der Dataport AöR sei nicht nach der Wurzeltheorie zu berücksichtigen gewesen. Zwar habe die Gesellschaft vor dem Stichtag am 18. März 2011 in dem ca. zwei Jahre laufenden Vergabeverfahren ein letztverbindliches Preisangebot abgegeben. Der Zuschlag sei allerdings erst danach erfolgt. Die Auftragsvergabe sei somit zwar zum Stichtag angelegt, aber nicht bei angemessener Sorgfalt mit ausreichender Sicherheit vorhersehbar gewesen (S. 18). Nach Ansicht des OLG kann die Möglichkeit der Auftragsvergabe insgesamt unberücksichtigt bleiben (S. 19), da es Mitwettbewerber gegeben habe und erstmalig eine Kombination eines Personalabrechnungs- mit einem Personalverwaltungssystem verkauft worden sei. Auch habe die realistische Möglichkeit eines Imageschadens der Gesellschaft aufgrund von Rechtsstreitigkeiten mit Aktionären und Aufsichtratsmitgliedern bestanden. Ereignisse mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit müssen nach Ansicht des OLG auch nicht im Rahmen eines Wahrscheinlichkeitsszenarios Eingang in die Ertragsplanung finden (S. 19).
Diese Argumentationslinie des OLG überzeugt nicht wirklich und erscheint reichlich willkürlich. Ein Zuschlag in einem zwei Jahre lang laufenden Vergabeverfahren wird einerseits als völlig überraschend bewertet, während die bloß hypothetische Möglichkeit eines Imageschadens plötzlich gegen die Vorhersehbarkeit einer Auftragsvergabe sprechen soll (wobei fraglich ist, ob die Möglichkeit eines Imageschadens bei einer öffentlich-rechtlichen Vergabe überhaupt Berücksichtigung finden kann).
In den folgenden Entscheidungsgründen kommt das OLG auf einen Ertragswert je P&I-Aktie in Höhe von EUR 26,20 (entgegen der im Vertragsbericht zuerkannten Abfindung in Höhe von EUR 25,01). Diese Abweichung von 4,4% rechtfertigt nach Ansicht des OLG keine gerichtliche Korrektur (S. 37). Abweichungen unterhalb von 5% seien "unmittelbarer Ausfluss der Unsicherheit der Unternehmensbewertung" und daher in der Regel von den Minderheitsaktionären hinzunehmen. Dieser Frage sei auch keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen, so dass eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht veranlasst sei (S. 38).
Auch diese Argumentation des OLG überzeugt nicht. Weshalb sollen gerade die den Squeeze-out erduldenden Minderheitsaktionäre Unsicherheiten der ihnen vorgesetzten Bewertung ertragen müssen, während der aktive Großaktionär nach dieser "Logik" von vornherein weniger als den Ertragswert bieten muss bzw. ohne Probleme am unteren Rand einer möglichen Bandbreite bleiben kann.
Bei der P&I Personal & Informatik AG wurde im Herbst 2014 auf Verlangen der Argon GmbH ein Squeeze-out durchgeführt (mit einem deutlich höheren Barabfindungsangebot in Höhe von EUR 70,66 je P&I-Aktie), siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/10/squeeze-out-bei-der-p-personal.html. Diesbezüglich ist ein weiteres Spruchverfahren beim LG Frankfurt am Main anhängig (Az. 3-05 O 127/14).
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29. Januar 2016, Az. 21 W 70/15
LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24. Februar 2015, Az. 3-05 O 64/11
A. Arendts ./. Argon GmbH
89 Antragsteller
gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Peter Dreier, 40213 Düsseldorf
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Argon GmbH:
Rechtsanwälte Morrison Foerster (früher: Hogan Lovells International LLP), 10785 Berlin
In dem Spruchverfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der P&I Personal & Informatik AG als beherrschter Gesellschaft und der Argon GmbH hat das OLG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 29. Januar 2016 die von dem gemeinsamen Vertreter eingelegte Beschwerde verworfen und die Beschwerden mehrerer Antragsteller zurückgewiesen. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.
Erstinstanzlich hatte das Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 24. Februar 2015 den angemessenen Ausgleich gem. § 304 AktG auf netto EUR 1,68 zzgl. Körperschaftssteuerbelastung und Solidaritätszuschlag und somit brutto EUR 1,93 festgesetzt (statt der in dem Vertrag vereinbarten EUR 1,55 netto bzw. EUR 1,78 brutto). Hinsichtlich der Abfindung in Höhe von EUR 25,01 hatte das Landgericht keine Anhebung für erforderlich gehalten, siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2015/03/spruchverfahren-beherrschungs-und.html.
Gegen den Beschluss des Landgerichts hatten 20 Antragsteller und der gemeinsame Vertreter Beschwerden eingelegt. In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung folgt das OLG Frankfurt am Main nunmehr der Stinnes-Entscheidung des BGH (siehe: http://spruchverfahren.blogspot.de/2016/01/stinnes-entscheidung-des.html) und hält eine Beschwerde durch den gemeinsamen Vertreter für nicht mehr zulässig.
Die von den Antragstellern eingelegten Beschwerden hält das OLG für unbegründet. Der unmittelbar nach dem Stichtag erfolgte Großauftrag der Dataport AöR sei nicht nach der Wurzeltheorie zu berücksichtigen gewesen. Zwar habe die Gesellschaft vor dem Stichtag am 18. März 2011 in dem ca. zwei Jahre laufenden Vergabeverfahren ein letztverbindliches Preisangebot abgegeben. Der Zuschlag sei allerdings erst danach erfolgt. Die Auftragsvergabe sei somit zwar zum Stichtag angelegt, aber nicht bei angemessener Sorgfalt mit ausreichender Sicherheit vorhersehbar gewesen (S. 18). Nach Ansicht des OLG kann die Möglichkeit der Auftragsvergabe insgesamt unberücksichtigt bleiben (S. 19), da es Mitwettbewerber gegeben habe und erstmalig eine Kombination eines Personalabrechnungs- mit einem Personalverwaltungssystem verkauft worden sei. Auch habe die realistische Möglichkeit eines Imageschadens der Gesellschaft aufgrund von Rechtsstreitigkeiten mit Aktionären und Aufsichtratsmitgliedern bestanden. Ereignisse mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit müssen nach Ansicht des OLG auch nicht im Rahmen eines Wahrscheinlichkeitsszenarios Eingang in die Ertragsplanung finden (S. 19).
Diese Argumentationslinie des OLG überzeugt nicht wirklich und erscheint reichlich willkürlich. Ein Zuschlag in einem zwei Jahre lang laufenden Vergabeverfahren wird einerseits als völlig überraschend bewertet, während die bloß hypothetische Möglichkeit eines Imageschadens plötzlich gegen die Vorhersehbarkeit einer Auftragsvergabe sprechen soll (wobei fraglich ist, ob die Möglichkeit eines Imageschadens bei einer öffentlich-rechtlichen Vergabe überhaupt Berücksichtigung finden kann).
In den folgenden Entscheidungsgründen kommt das OLG auf einen Ertragswert je P&I-Aktie in Höhe von EUR 26,20 (entgegen der im Vertragsbericht zuerkannten Abfindung in Höhe von EUR 25,01). Diese Abweichung von 4,4% rechtfertigt nach Ansicht des OLG keine gerichtliche Korrektur (S. 37). Abweichungen unterhalb von 5% seien "unmittelbarer Ausfluss der Unsicherheit der Unternehmensbewertung" und daher in der Regel von den Minderheitsaktionären hinzunehmen. Dieser Frage sei auch keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen, so dass eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht veranlasst sei (S. 38).
Auch diese Argumentation des OLG überzeugt nicht. Weshalb sollen gerade die den Squeeze-out erduldenden Minderheitsaktionäre Unsicherheiten der ihnen vorgesetzten Bewertung ertragen müssen, während der aktive Großaktionär nach dieser "Logik" von vornherein weniger als den Ertragswert bieten muss bzw. ohne Probleme am unteren Rand einer möglichen Bandbreite bleiben kann.
Bei der P&I Personal & Informatik AG wurde im Herbst 2014 auf Verlangen der Argon GmbH ein Squeeze-out durchgeführt (mit einem deutlich höheren Barabfindungsangebot in Höhe von EUR 70,66 je P&I-Aktie), siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/10/squeeze-out-bei-der-p-personal.html. Diesbezüglich ist ein weiteres Spruchverfahren beim LG Frankfurt am Main anhängig (Az. 3-05 O 127/14).
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29. Januar 2016, Az. 21 W 70/15
LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24. Februar 2015, Az. 3-05 O 64/11
A. Arendts ./. Argon GmbH
89 Antragsteller
gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Peter Dreier, 40213 Düsseldorf
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Argon GmbH:
Rechtsanwälte Morrison Foerster (früher: Hogan Lovells International LLP), 10785 Berlin
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