SWARCO AG
Wattens
Bekanntmachung des gerichtlichen Vergleichs zur Beendigung des Spruchverfahrens beim Landgericht München I (5 HK O 17823/15) im Zusammenhang mit dem Ausschluss (Squeeze-Out) der ehemaligen Minderheitsaktionäre der SWARCO Traffic Holding AG, München
In dem Spruchverfahren
[67 Antragsteller]
- Antragsteller -
gegen
SWARCO AG, vertreten durch den Vorstand, Blattenwaldweg 8, 6112 Wattens, Österreich
- Antragsgegnerin -
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Oppenhoff & Partner mbB, Konrad-Adenauer-Ufer 23, 50668 Köln
Gemeinsamer Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre (§ 6 SpruchG):
Rechtsanwalt Dr. Andreas Wirth, Sendlinger Straße 10 (Hofstatt), 80331 München
wegen Barabfindung
hat das Landgericht München I - 5. Kammer für Handelssachen - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Krenek am 20.07.2017 gem. § 11 Abs. 4 SpruchG festgestellt, dass die Beteiligten den gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 08.06.2017 angenommen und daher folgenden Vergleich abgeschlossen haben:
Präambel:
Die Hauptversammlung der Swarco Traffic Holding AG vom 23.7.2015 fasste den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin SWARCO AG gegen eine Barabfindung in Höhe von € 6,66 je Stückaktie zu übertragen. Der Beschluss wurde am 8.9.2015 in das Handelsregister eingetragen.
Insgesamt 67 Antragsteller – unter anderem (...) – haben ein Spruchverfahren beim Landgericht München I zur Festsetzung einer angemessenen Barabfindung eingeleitet. Zur Begründung berufen sie sich vor allem darauf, die auf einer ohnehin unzulässigen Einflussnahme der Antragsgegnerin beruhende Planung der Umsätze sei zu pessimistisch, weil sie vor allem die zu erwartenden staatlichen Investitionen sowie die Folgen der Produktionserweiterung und des Vertriebsausbaus zu sehr außer Acht lasse, zumal ein Abflachen der Umsatzsteigerung im letzten Planjahr nicht nachvollziehbar sei. Auch bei Tochtergesellschaften stelle sich die Umsatzplanung als zu konservativ dar. Demgegenüber vernachlässige die Kostenplanung Einsparungen beim Controlling sowie Fixkostendegressionseffekte. Fehlerhaft angesetzt seien das Finanzergebnis und die Thesaurierung. In der Ewigen Rente liege in der deutlichen Verringerung des Wachstums ein Widerspruch zur Verkehrsprognose mit steigendem Individualverkehr und der unzureichenden Berücksichtigung der Folgen der Aufwendungen für Forschung & Entwicklung. Zu Lasten der Minderheitsaktionäre sei der Kapitalisierungszinssatz in all seinen Komponenten des Basiszinssatzes, des Risikozuschlags und des Wachstumsabschlags fehlerhaft angesetzt. Unzureichend erfolge auch der Ansatz nicht betriebsnotwendigen Vermögens bzw. von Sonderwerten.
Die Antragsgegnerin hält den in der Hauptversammlung festgesetzten Abfindungsbetrag je Aktie für angemessen. Die Umsatzplanung müsse nicht korrigiert werden, nachdem eine Aktualisierung der Planung vor dem Stichtag notwendig gewesen sei wegen des Erfordernisses der Anpassung an die konkreten Investitionsbudgets der öffentlichen Hand als nahezu einzigem Vertragspartner der Gesellschaften der Swarco-Gruppe. Vergleichsweise hohe Margen erziele die Gesellschaft vor allem im Wartungs- und Servicegeschäft. Eine Trendwende im Investitionsverhalten der öffentlichen Hand sei zum Stichtag der Hauptversammlung nicht erkennbar gewesen. Neugeschäft könne nur über gewonnene Ausschreibungen realisiert werden. Das Finanzergebnis beruhe auf den vertraglichen Vereinbarungen und dem aktuellen Zinsniveau. Die angesetzte Thesaurierung beruhe auf der Sicherstellung einer angemessenen Eigenkapitalausstattung. Der Kapitalisierungszinssatz sei entsprechend den allgemein üblichen Gepflogenheiten festgesetzt worden; dabei ergebe sich wegen der Auswirkungen der Finanzkrise die Notwendigkeit des Ansatzes einer höheren Marktrisikoprämie. Ein freies Aushandeln der Preise verbiete sich bei der öffentlichen Hand als Auftragnehmer, weshalb der Wachstumsabschlag von 1 % nicht zu verändern sei.
Die Beteiligten schließen unter Aufrechthaltung ihrer jeweiligen unterschiedlichen Rechtsauffassungen zur Angemessenheit der Barabfindung und zur Vermeidung einer aufwändigen Fortsetzung des Verfahrens auf Vorschlag des Gerichts folgenden
Vergleich:
I.
1. Die gezahlte Barabfindung von € 6,66 je Stückaktie wird auf € 7,50 je Aktie erhöht. Der Erhöhungsbetrag von € 0,84 ist seit dem Tag der Hauptversammlung, also ab dem 23.7.2015, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
2. Die sich aus Ziffer I. 1. ergebenden Zahlungsverpflichtungen sind unverzüglich und unaufgefordert durch die Antragsgegnerin zu erfüllen. Bereits geleistete Zahlungen sind anzurechnen.
3. Die Erfüllung aller sich aus den vorstehenden Regelungen ergebenden Nachzahlungsverpflichtungen ist für die ehemaligen Aktionäre der SWARCO Traffic Holding AG kosten-, provisions- und spesenfrei.
II.
Dieser Vergleich wird mit seiner Feststellung durch Beschluss gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 SpruchG wirksam. Mit der Feststellung ist das gerichtliche Spruchverfahren beendet. Der gemeinsame Vertreter stimmt dem Vergleich zu und verzichtet auf das Recht zur Fortführung des Verfahrens gemäß § 6 Abs. 3 SpruchG.
III.
Dieser Vergleich wirkt für alle ehemaligen außenstehenden Aktionäre der SWARCO Traffic Holding AG. Er stellt insoweit einen echten Vertrag zugunsten Dritter dar (§§ 328 ff. BGB).
IV.
Die Antragsgegnerin trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten wie folgt:
1. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten.
2. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, die außergerichtlichen Kosten aller Antragsteller – mithin auch der anwaltlich nicht vertretenen – nach folgender Maßgabe zu erstatten.
a. Ausgangspunkt ist für alle Antragsteller die Vorschrift des § 31 Abs. 1 RVG, wonach der gerichtliche Geschäftswert von € 237.855,24 unter allen Antragstellern im Verhältnis der Anzahl ihrer Anteile (nicht aller außenstehenden Aktien) aufzuteilen ist. Die Antragsteller teilen dem Gericht – sofern noch nicht geschehen – innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses mit, wie viele Aktien sie am Tag der Eintragung des Squeeze out-Beschlusses hielten. Erfolgt keine Mitteilung, wird in Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 3 RVG von einer gehaltenen Aktie ausgegangen. Die Regelung über den Mindestgeschäftswert von € 5.000,-- findet Anwendung. Der Vorsitzende wird nach Fristablauf eine Tabelle erstellen und allen Antragstellern übermitteln, wie hoch der für sie in Anwendung von § 31 Abs. 1 RVG maßgebliche Geschäftswert ist, aus dem die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ermittelt wird.
b. Die Vorschrift des § 31 Abs. 2 RVG findet keine Anwendung; ein sich selbst vertretender Rechtsanwalt ist berechtigt, die Kostenerstattung – entgegen der in der Rechtsprechung insbesondere des BGH, des OLG München und dieser Kammer vertretenen Auffassung – zu beanspruchen.
c. Vertritt ein Beteiligter außer sich selbst noch weitere Antragsteller, so wird für mehr als vier Antragsteller eine Kostenerstattung nur bezahlt, wenn diese die Zahl vier übersteigenden Antragsteller mit mindestens jeweils € 600,-- Abfindungswert (also 80 Aktien der Swarco Traffic Holding AG) zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Squeeze-Outs beteiligt waren.
Vertritt eine Person mehr als vier Antragsteller, ohne dass diese Voraussetzung des Abfindungswerts von mindestens jeweils € 600,-- erfüllt sind, so wird diese nur die Gebühren aus den vier höchsten Einzelwerten abrechnen.
d. Die Antragsteller, die ausweislich der Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2016 und/oder 6.4.2017 im Termin persönlich oder vertreten durch einen Bevollmächtigten anwesend waren, erhalten aus dem für sie maßgeblichen Geschäftswert eine 2,5-Gebühr. Die anderen nicht anwesenden oder vertretenen Antragsteller erhalten aus dem für sie maßgeblichen Geschäftswert eine 1,3-Gebühr. Alle Antragsteller erhalten eine pauschale Vergleichsgebühr in Höhe von € 1.500,-- netto. Die errechneten Beträge sind jeweils zuzüglich der gegebenenfalls darauf entfallenden Umsatzsteuer zu errichten. Hinsichtlich der Umsatzsteuer genügt in der Zahlungsaufforderung des Antragstellers eine Erklärung gem. § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
Die Antragsteller zu 1), zu 8) bis 11), zu 28) bis 30), zu 33), zu 34), zu 41), zu 42), zu 51), zu 53) bis 55) und zu 66), sind nicht zum Abzug von Vorsteuern berechtigt.
e. In den Terminen anwesende Antragsteller oder Antragstellervertreter, die ihren Wohn- oder Kanzleisitz außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Landgerichts München I haben, erhalten für jeden Termin, in dem sie anwesend waren, eine Reisekostenpauschale von € 150,--. Auch wenn sie mehrere Antragsteller vertreten haben, kann dieser Betrag nur einmal verlangt werden. Alternativ zu der Pauschale werden für persönlich anwesende Verfahrensbevollmächtigte auch Reisekosten nach Maßgabe des RVG erstattet, maximal jedoch bis zu einer Höhe von € 450,-- pro Termin.
3. Der gemeinsame Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre der SWARCO Traffic Holding AG erhält eine Vergütung in Höhe von € 9.407,55 inklusive Gebühren und Auslagen zuzüglich Umsatzsteuer.
4. Die Kostenerstattungsansprüche der Antragsteller und des gemeinsamen Vertreters werden jeweils fällig und zahlbar mit Ablauf von fünfzehn Bankarbeitstagen nach Zugang einer schriftlichen, den Vorgaben dieser Ziffer IV. entsprechenden Gebührenrechnung oder Zahlungsaufforderung des betreffenden Antragstellers bzw. seines Verfahrensbevollmächtigten oder des gemeinsamen Vertreters (mit Angabe der Bankverbindung, einer Erklärung, ob der Antragsteller zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und ggf. Rechnungsnummer und Umsatzsteuernummer). Die Gebührenrechnungen (ausgestellt auf die Antragsgegnerin) bzw. Zahlungsaufforderungen sind direkt bei der Antragsgegnerin über deren Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwälte Oppenhoff & Partner, z.Hd. Herrn Rechtsanwalt Dr. Günter Seulen oder Frau Rechtsanwältin Sarah Scharf, Konrad-Adenauer-Ufer 23, 50668 Köln einzureichen. Die Antragsteller verzichten bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Kostenerstattungsansprüche aus Ziffer IV. auf die Durchführung eines Kostenfestsetzungsverfahrens.
5. Die Antragsteller verzichten bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Kostenerstattungsansprüche aus Ziffer IV. auf die Durchführung eines Kostenfestsetzungsverfahrens.
V.
1. Mit der Erfüllung dieses Vergleichs sind alle Ansprüche der Antragsteller und der ehemaligen Aktionäre sowie des gemeinsamen Vertreters der ehemaligen Aktionäre, gleich welcher Art und gleich welchen Rechtsgrunds im Zusammenhang mit dem Spruchverfahren sowie etwaige Ansprüche nach § 327 b Abs. 2 2. Hs. AktG, erledigt und abgegolten.
2. Dieser Vergleich enthält sämtliche Abreden der Beteiligten, die zur Beilegung des Spruchverfahrens getroffen wurden. Weitere Absprachen wurden nicht getroffen. Soweit solche noch zu treffen wären, bedürfen sie der Schriftform. Die Antragsgegnerin versichert, dass im Zusammenhang mit diesem Vergleich den Antragstellern und/oder ehemaligen Aktionären der SWARCO Traffic Holding AG keine Sondervorteile gewährt, zugesagt, oder in Aussicht gestellt worden sind.
3. Sollte eine Bestimmung dieses Vergleichs unwirksam sein oder werden, wird dadurch die Gültigkeit seiner übrigen Bestimmungen nicht berührt. Statt der unwirksamen Bestimmung gilt die gesetzlich zulässige Regelung, die dem in der unwirksamen Bestimmung zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck wirtschaftlich am Nächsten kommt.
4. Gerichtsstand für etwaige Streitigkeiten aus diesem Vergleich ist München.
VI.
Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, diesen Vergleich auf ihre Kosten seinem wesentlichen Inhalt nach (...) unverzüglich in der nächst erreichbaren Ausgabe des elektronischen Bundesanzeigers sowie auf der Internetplattform "AnlegerPlus“ bekannt zu machen. Falls eine weitere Veröffentlichung erfolgen sollte, wird diese nicht in dem Druckerzeugnis "Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)" erfolgen.
Wattens, Juli 2017
SWARCO AG
Der Vorstand
Quelle: Bundesanzeiger vom 25. Juli 2017