von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
1. Voraussetzungen für
einen Squeeze-out
Der Squeeze-out wird im österreichischen Recht als Gesellschafterausschluss
bezeichnet und dort durch das Gesellschafter-Ausschlussgesetz (GesAusG) reguliert.
Dieses Bundesgesetzes über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern trat am
20. Mai 2006 in Kraft.
Anders als in Deutschland, wo eine Squeeze-out nur bei einer
Aktiengesellschaft möglich ist, wird dort generell der Ausschluss von
Minderheitsgesellschaftern aus Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften oder
Gesellschaften mit beschränkter Haftung) durch den Hauptgesellschafter geregelt.
Der Ausschluss erfolgt durch Haupt- bzw.
Generalversammlungsbeschluss auf Verlangen des Hauptgesellschafters, dass die
Anteile aller übrigen Gesellschafter auf ihn übertragen werden sollen. Eine
sachliche Begründung oder Rechtfertigung ist nicht erforderlich. Die
Barabfindung muss grundsätzlich dem anteiligen Unternehmenswert entsprechen.
Über die anzuwendenden Bewertungsmethoden trifft das GesAusG jedoch keine Aussage.
Die Minderheitsgesellschafter können Einwände gegen die Höhe der
Barabfindung (wie in Deutschland) nicht im Wege der Beschlussanfechtungsklage,
sondern nur im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung geltend machen.
Hauptgesellschafter ist, wer im Zeitpunkt des Ausschließungsbeschlusses
mindestens 90 % am Grund- oder Stammkapital hält (in Deutschland: eine etwas
höhere Schwelle von 95% für einen aktienrechtlichen Squeeze-out und ebenfalls 90 %
für einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out). Anteile von konzernmäßig
verbundenen Gesellschaftern sind dabei zusammenzurechnen. Satzung oder
Gesellschaftsvertrag können abweichend von der gesetzlichen Regelung vorsehen,
dass der Ausschluss von Gesellschaftern aus der Gesellschaft nicht zulässig ist
oder dass der Hauptgesellschafter eine höhere Anteilsquote als 90% haben muss.
2. Verfahrensschritte zu
einem Squeeze-out
Das Verfahren ist ansonsten ähnlich wie beim Squeeze-out
nach deutschem Recht. Zunächst erfolgt ein Bericht des Vorstands (bzw. der
Geschäftsführung) der Gesellschaft und des Hauptgesellschafters über
Voraussetzungen des Ausschlusses und die Angemessenheit der Barabfindung.
Dieser Bericht und die angebotene Barabfindung sind durch einen
sachverständigen Prüfer, der vom Gericht bestellt wird, zu prüfen. Wenn ein
Aufsichtsrat eingerichtet ist, hat auch dieser den Bericht über den Ausschluss
sowie den Prüfungsbericht zu prüfen und darüber schriftlich zu berichten.
Während eines Monats vor der beschlussfassenden
Hauptversammlung einer AG sind am Sitz der Gesellschaft der Beschlussantrag,
die Berichte von Vorstand, Hauptgesellschafter und Aufsichtsrat sowie der
Prüfungsbericht, Gutachten, auf denen die Beurteilung der Angemessenheit
beruht, und die Jahresabschlüsse samt Lageberichte der Gesellschaft der letzten
drei Geschäftsjahre zur Einsicht aufzulegen. Bei der GmbH sind die erwähnten
Dokumente den Gesellschaftern spätestens 14 Tage vor Beschlussfassung zu
übersenden.
Mit Eintragung des Beschlusses im Firmenbuch (dem
österreichischen Handelsregister) gehen die Anteile der ausgeschlossenen
Minderheitsgesellschafter auf den Hauptgesellschafter über.
Allen ausgeschlossenen Minderheitsgesellschaftern steht eine
angemessene Barabfindung für ihre Gesellschaftsanteile zu. Die Barabfindung ist
erst zwei Monate nach Bekanntmachung der Firmenbucheintragung fällig (relativ
spät, in der Praxis erfolgt die Zahlung in der Regel früher). Stichtag für die
Bewertung ist der Tag der Beschlussfassung. Ab dem folgenden Tag (anders als in
Deutschland: dort erst ab dem der Eintragung folgenden Tag) ist die
Barabfindung mit 2%-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (etwas weniger
als in Deutschland: dort 5%-Punkte über dem Basiszinssatz).
Zur Sicherung der Barabfindung ist diese bei einem
Treuhänder vor Einberufung der Gesellschafterversammlung in bar zu hinterlegen.
Die Barabfindung kann auch durch eine Bankgarantie abgesichert werden (so die
Regelung in Deutschland). Eine mögliche Nachbesserung ist allerdings wie in
Deutschland nicht abgesichert.
3. Gerichtliches Nachprüfungsverfahren
Wie in Deutschland besteht eine gerichtliche
Überprüfungsmöglichkeit. Jeder ausgeschlossene Gesellschafter kann bei Gericht
beantragen, dass die Angemessenheit der Barabfindung überprüft wird. Eine Anwesenheit
bei der Hauptversammlung und/oder die Erhebung eines Widerspruchs gegen den
Squeeze-out-Beschluss sind nicht erforderlich. Wie nach deutschem Recht
bestimmt das Gericht einen gemeinsamen Vertreter für die nicht antragstellenden
ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafter.
Die Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung erfolgt
in einem außerstreitigen Verfahren (ähnlich wie in Deutschland: dort ein
Verfahren der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit). Das Nachprüfungsverfahren
beim Squeeze-out ist ein den §§ 225c ff österreichisches AktG über die
gerichtliche Überprüfung des Umtauschverhältnisses nachgebildetes
Gremialverfahren. Das Gericht verweist die Sache an das organisatorisch bei der
österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) eingerichtete Gremium. Dieses wird
im Nachprüfungsverfahren zur Erstattung eines Gutachtens über die
Angemessenheit der Barabfindung eingesetzt.
Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens trägt grundsätzlich
der den Squeeze-out betreibende Hauptgesellschafter. Ist das
Nachprüfungsverfahren ersichtlich aussichtslos, können die Verfahrenskosten den
antragstellenden Minderheitsgesellschaftern theoretisch ganz oder teilweise
nach Billigkeit auferlegt werden (was jedoch in der Praxis kaum vorkommt).