Der Neue Markt mit seinen unzähligen, vermeintlich vielversprechenden Börsengängen verprellte um die Jahrtausendwende viele Privatanleger. Doch auch in jüngster Zeit enttäuschten die inzwischen weniger zahlreichen Börsenneulinge regelmäßig, wie das diesjährige Schwarzbuch Börse zeigt, in dem auch ein langjähriger Dauerbrenner, die Reich-Gruppe, nicht fehlen darf.
Alljährlich arbeitet das Schwarzbuch Börse der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V., das im Rahmen der Publikation AnlegerLand erscheint, die dunklen Seiten des Kapitalmarkts auf. In diesem Jahr wird erneut deutlich, dass es nicht nur junge Unternehmen sind, die den Privatanlegern teils heftige Verluste bescheren, auch etablierte Firmen sorgten 2019 für kleine und größere Skandale.
Das Schwarzbuch Börse beleuchtet undurchsichtige Geschäftspraktiken, verdächtige Bilanzen und mögliche Kursmanipulationen im Detail. Neben Missständen bei einzelnen Gesellschaften befasst sich das Schwarzbuch Börse 2019 mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Bilanzfälschungen und der Bankenkrise.
Viele Zitronen bei den IPOs
Früher vergab die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. im Rahmen des Schwarzbuchs Börse die „IPO-Zitrone“ für missglückte Börsengänge eines Jahres. Mangels IPOs wurde diese Kür mit Beginn der Finanzkrise 2008 eingestellt. Doch man sollte über ein Revival der ungeliebten Auszeichnung nachdenken. Denn Kandidaten dafür gibt es einige.
Die US-amerikanischen Carsharing-Anbieter Lyft und Uber beispielsweise mischen zwar die Taxibranche gehörig auf, am Kapitalmarkt gelang ihnen das bisher aber nicht. Eher im Gegenteil. In Deutschland mussten speziell die Börsenneulinge aus dem Umfeld von Rocket Internet Federn lassen, indem ihr Aktienkurs nach dem IPO teils deutlich absackte (wie einige Jahre zuvor bereits der Kurs von Rocket Internet selbst).
Die unendliche Reich-Geschichte
Die bereits mehrfach behandelte „Reich-Gruppe“ aus Heidenheim lieferte 2019 erneut Stoff für Schlagzeilen, die Erwähnung im diesjährigen Schwarzbuch Börse finden. Eine Durchsuchung auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft München sorgte für Aufsehen, aber auch ein Ausflug ins Rotlichtmilieu: Die „Reich-Gruppe“ ist offenbar im Bordell-Gewerbe tätig, wie in diesem Jahr bekannt wurde.
Bankenkrise, die x-te
Bankenkrise und kein Ende: Die Aktienkurse der beiden deutschen Großbanken Deutsche Bank und Commerzbank erreichten im Verlauf dieses Jahr neue historische Tiefstkurse: Bei der Deutschen Bank ging es erstmals unter die Marke von 6 Euro, bei der Commerzbank unter 5 Euro.
Im Fall der Deutschen Bank war diese Entwicklung wenig verwunderlich. Das Institut wird dieses Jahr voraussichtlich den fünften Jahresverlust innerhalb der letzten sechs Jahre vorlegen. Und natürlich wurde die Deutsche Bank auch in diesem Jahr wieder vor Gericht gezerrt. Für die Commerzbank lief es nach dem Abstieg in den MDAX nicht wirklich besser. Ihr Börsenwert ist mittlerweile so stark geschrumpft, dass die Bank selbst in dem Mittelstandsindex gemessen an der Marktkapitalisierung nur noch zum Mittelfeld zählt.
Vergiftete Stimmung bei Bayer
Die diesjährige Hauptversammlung der Bayer AG zeigte einen tiefen Graben zwischen Konzernspitze und Aktionären. Die Anteilseigner sehen durch die Monsanto-Übernahme die Zukunft des Traditionskonzerns in Gefahr und verweigerten dem kompletten Vorstand die Entlastung – ein bislang einmaliger Vorgang in der Geschichte der DAX-Hauptversammlungen.
Der SdK-Vorstandsvorsitzende Daniel Bauer sagt dazu: „Eine Nicht-Entlastung hat zwar rechtlich keine unmittelbaren Folgen. Dass Vorstand und Aufsichtsrat von Bayer danach aber sofort zur Tagesordnung übergehen, als wäre nichts gewesen, empfinden wir als respektlos gegenüber den Aktionären.“
Weitere Themen im Schwarzbuch Börse 2019 sind u. a.:
• Dieselgate holt Daimler ein
• VW und TRATON lassen MAN-Aktionäre leiden
• E-Food-Markt verdirbt Delticom-Geschäft
• ÖKO-TEST in der Öko-Krise
• Kurze Halbwertszeit bei SGL-Prognosen
Das Schwarzbuch Börse erscheint als Bestandteil der Sonderausgabe „AnlegerLand 2020“. Es kann kostenpflichtig bei der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. unter
info@sdk.org oder unter 089 / 2020846-0 bestellt werden oder für 6,00 Euro an ausgewählten Bahnhofskioskverkaufsstellen in deutschen Großstädten erworben werden.
SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
München, am 21. Dezember 2019