Newsletter der Börse Düsseldorf vom 7. April 2014 - Entscheidung zu Gunsten von Privatanlegern - Strengste Voraussetzungen für ein Totaldelisting bleiben nur an der Düsseldorfer Börse obligatorisch Der Bundesgerichtshof hat im Oktober 2013 in der so genannten Frosta-Entscheidung seine Rechtsprechung zum vollständigen Rückzug eines Unternehmens von der Börse – dem Totaldelisting – grundlegend geändert. Danach haben Aktionäre bei einem Widerruf der Zulassung ihrer Aktie zum regulierten Markt auf Antrag des Emittenten keinen Anspruch mehr auf eine Barabfindung. In Abkehr von der seit 2002 geltenden Macrotron-Rechtsprechung des BGH ist daher jetzt weder ein Hauptversammlungsbeschluss noch ein Pflichtangebot an die Aktionäre erforderlich. Die Geschäftsführung und die Mitglieder des beratenden Marktausschusses schlagen dem Börsenrat in einer am vergangenen Freitag versandten Beschlussvorlage vor, die aktuellen Widerrufsregelungen in der Börsenordnung im Grundsatz beizubehalten und bei einem Totaldelisting weiterhin einen HV-Beschluss und ein den Anforderungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes genügendes Kaufangebot zu verlangen, da eine an den meisten deutschen Börsen praktizierte reine Fristenlösung dem nach dem Börsengesetz zu beachtenden Anlegerschutz nicht gerecht würde. Dieser Vorschlag stützt sich im Wesentlichen auf die folgenden Erwägungen: 1. In der Frosta-Entscheidung führt der BGH als ein wesentliches Argument für die Aufgabe der in der Macrotron-Entscheidung vertretenen Position an, dass ausweislich gutachterlicher Ergebnisse ein Widerruf der Zulassung keine Auswirkungen auf den Börsenpreis einer Aktie habe. Ein zuletzt zu beobachtender Fall, in dem eine Gesellschaft veröffentlicht hat, ein Totaldelisting ohne Kaufangebot durchführen zu wollen, hat aber gezeigt, dass diese Auffassung nicht zutrifft. Der Preis der Aktie gab nach der Veröffentlichung um ca. 10 Prozent nach. Die Mitglieder des Marktausschusses waren von dieser Entwicklung nicht überrascht, da der Kurs in allen früheren Fällen vor der Frosta-Entscheidung durch die nach der alten Rechtsprechung obligatorisch abzugebenden Kaufangebote gestützt wurde. 2. Nach aktueller Rechts- und Rechtsprechungslage kommt es zu der für das deutsche Rechtssystem unbekannten Situation, dass es keine Möglichkeit geben würde, die Entscheidung des Vorstands einer Aktiengesellschaft, ein Totaldelisting durchzuführen, rechtlich überprüfen zu lassen. Der BGH hat den Aktionären sämtliche privatrechtlichen Möglichkeiten genommen, die Entscheidung des Vorstands einer Aktiengesellschaft, ein Totaldelisting durchzuführen, z.B. im Spruchstellenverfahren oder gerichtlich überprüfen zu lassen. Zumindest nach aktueller verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung hätten Aktionäre mangels Widerspruchs- und Klagebefugnis auch keine Möglichkeit, eine Überprüfung der Widerrufsentscheidung der Börse einzuleiten. Thomas Dierkes, Mitglied der Geschäftsführung der Düsseldorfer Börse, begründet die Entscheidung: „Die neue höchstrichterliche Rechtsprechung schwächt die Position der Minderheitsaktionäre, bei denen es sich vielfach um Privatanleger handelt.“ Jurist Dierkes ist überzeugt, dass „das Urteil in die falsche Richtung geht und der Gesetzgeber die nach der Änderung der Rechtsprechung bestehende Lücke im Anlegerschutz in nicht allzu ferner Zukunft schließen wird. Einstweilen ist Düsseldorf die einzige deutsche Börse, an der Hauptversammlungsbeschluss und Kaufangebot bei einem Totaldelisting obligatorisch sind.“ Geschäftsführung und Marktausschuss schlagen dem Börsenrat daher nur kleinere Änderungen bei den für den Widerruf der Zulassung geltenden Fristen vor. Im Falle eines Totaldelistings mit Hauptversammlungsbeschluss und Kaufangebot soll die Widerrufsentscheidung künftig nach sechs Monaten wirksam werden. Dem Börsenrat wurde ferner vorgeschlagen, im Falle einer verbleibenden Zulassung der Aktien an einer ausländischen Börse, die Frist von einem Jahr auf drei Monate zu verkürzen. Sollen die Aktien nach der Notierungseinstellung im regulierten Markt in einem der beiden Qualitätssegmente der Börse Düsseldorf im Freiverkehr, dem Primärmarkt oder dem mittelstandsmarkt, weiterhin gehandelt werden, beträgt die Frist ebenfalls drei Monate. Dierkes weist darauf hin, „dass in allen drei Fällen der Vorstand gegenüber der Börse erklären muss, dass innerhalb von zwölf Monaten kein Verfahren zur Einstellung der Notierung an dem verbleibenden Handelsplatz eingeleitet wird. Auf diese Weise haben die Aktionäre die Sicherheit, dass betroffene Aktien zumindest mindestens ein weiteres Jahr handelbar sind.“ Die Börse Düsseldorf, die als einzige deutsche Börse für die Einhaltung ihrer auf Privatanleger ausgerichteten Leistungsversprechen mit einem TÜV-Siegel ausgezeichnet ist, handelt damit konsequent im Interesse der Aktionäre. Dierkes: „Wir sind eine Qualitätsbörse für private Anleger und richten unser verbindliches Leistungsprogramm Quality Trading an den Bedürfnissen dieser Anlegergruppe aus. Hierzu gehört auch die Fortführung unserer Linie mit hohem Anlegerschutz.“ Mit freundlichen Grüßen Ulrike Germann Pressesprecherin |
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