Dienstag, 23. Mai 2023

Sonderprüfungsantrag bei der Deutschen Wohnen SE

Auf der virtuellen Hauptversammlung der Deutschen Wohnen SE am 15. Juni 2023 soll auf Antrag eines größeren Minderheitsaktionärs unter dem neuen TOP 18 über eine Sonderprüfung abgestimmt werden. Gegenstand ist ein unbesichertes Darlehen an die Vonovia SE:  

"Die Sonderprüfung gemäß Art. 52, 9 SE-VO in Verbindung mit § 142 AktG hat die nachfolgend aufgeführten Vorgänge der Geschäftsführung zum Gegenstand:

1. Sämtliche Handlungen und Maßnahmen des Vorstands und des Aufsichtsrats der Deutsche Wohnen SE, die bis zum Tag dieser Hauptversammlung im Zusammenhang mit dem am 4. Januar 2022 zwischen der Deutsche Wohnen SE („Deutsche Wohnen“ oder „Gesellschaft“) als Darlehensgeberin und der Vonovia SE („Vonovia“) als Darlehensnehmerin abgeschlossenen Darlehensvertrag über ein unbesichertes Darlehen mit einer Laufzeit von drei Jahren über insgesamt bis zu EUR 2,0 Mrd. mit einer Verzinsung von 0,6 Prozentpunkten p.a. über dem 1-Monats-EURIBOR (inkl. EURIBOR Floor von 0,0 % p. a.) („Darlehensvertrag“) vorgenommen, getroffen oder unterlassen wurden sowie die beabsichtigten und als möglich angesehenen Folgen dieser Handlungen und Maßnahmen sowie sämtliche damit in Zusammenhang stehende interne und externe (auch indirekte über Angestellte und externe Berater) Kommunikation des Vorstands und des Aufsichtsrats der Deutsche Wohnen. Im Rahmen dessen hat der Sonderprüfer insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, die folgenden Umstände zu überprüfen:

a. Für den Zeitraum bis zum Abschluß des Darlehensvertrags am 4. Januar 2022 („Prüfungszeitraum 1“):

Der Sonderprüfer hat zu untersuchen, ob durch den Abschluß des Darlehensvertrags durch den Vorstand der Deutsche Wohnen der Gesellschaft ein wirtschaftlicher Schaden oder ein sonstiger Nachteil entstanden ist, indem das Kapital nicht einem anderen – wirtschaftlich profitableren – Investitionszweck zugeführt wurde. Im Rahmen dessen ist insbesondere zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Vorstand vor Abschluß des Darlehensvertrags anderweitige – wirtschaftlich profitablere – Investitionsmöglichkeiten ermittelt, auf welcher Informationsgrundlage der Vorstand seine Investitionsentscheidungen getroffen und welche Bemühungen er bei der Ermittlung der Informationen im einzelnen angestellt hat. Zudem ist zu überprüfen, welche alternativen Investitionsmöglichkeiten zum Abschluß des Darlehensvertrags der Vorstand im einzelnen tatsächlich erwogen hat. In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, welche Kriterien der Vorstand für seine Investitionsentscheidungen herangezogen hat und mit welcher Begründung im einzelnen alternative Investitionsmöglichkeiten abgelehnt wurden. Diesbezüglich sind die Handlungen und Maßnahmen des Vorstands insbesondere (aber nicht ausschließlich) im Hinblick auf Investitionen oder Erweiterungen in das Pflegeheimimmobilien-Portfolio und andere Immobilien-Portfolios sowie die Möglichkeit eines Anteilsrückerwerbs zur Verbesserung der Kapitalstruktur der Deutsche Wohnen während des Prüfungszeitraumes 1 aus der maßgeblichen Sicht zum 4. Januar 2022 zu überprüfen. Der Sonderprüfer soll zudem untersuchen, wie das vermeintliche zweiwöchige Kündigungsrecht im Darlehensvertrag konkret ausgestaltet wurde, insbesondere welchen Voraussetzungen und Einschränkungen dessen Ausübung unterliegt. Im Zuge dessen ist zu untersuchen, welche Maßnahmen der Vorstand der Gesellschaft getroffen hat, um sicherzustellen, daß Vonovia die Darlehensvaluta jederzeit mit Ablauf der zweiwöchigen Kündigungsfrist auch tatsächlich zurückführen kann und durch Liquiditätsengpässe bei Vonovia kein Klumpenrisiko entsteht. Dabei ist zu untersuchen, über welche Informationen der Vorstand bezüglich der Rückführungsfähigkeit der Darlehensvaluta bei Abschluß des Darlehensvertrags verfügte, ob und wie der Vorstand diese Informationen auf ihre Verläßlichkeit prüfte sowie ob und wie diese Informationen regelmäßig aktualisiert wurden. Es ist zu untersuchen, ob und in welchem Umfang sich der Vorstand bei den genannten Fragestellungen durch sachkundige Dritte hat beraten lassen und was der Inhalt dieser Beratung war. Des weiteren ist zu überprüfen, ob und welche Maßnahmen der Aufsichtsrat getroffen hat, um eine sachgemäße und pflichtgemäße Durchführung der genannten Maßnahmen sicherzustellen. Der Sonderprüfer soll weiter ermitteln, ob die relevanten Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats bezüglich des Abschlußes des Darlehensvertrags einstimmig oder durch Mehrheitsentscheidung erfolgten und im letzteren Fall, wie die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrats abstimmten.

b. Für den Zeitraum ab Beginn des Darlehensvertrags vom 4. Januar 2022 bis zum Tag der Hauptversammlung („Prüfungszeitraum 2“):

Der Sonderprüfer hat zu untersuchen, ob der Gesellschaft durch Handlungen und Maßnahmen, die der Vorstand und der Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen seit Abschluß des Darlehensvertrags bis zum Tag dieser Hauptversammlung im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag vorgenommen, getroffen oder unterlassen haben, ein wirtschaftlicher Schaden oder ein sonstiger Nachteil entstanden ist. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob der Vorstand es unterlassen hat, die Verzinsung des Darlehens an die Marktgegebenheiten anzupassen oder den Darlehensvertrag vorzeitig unter Ausnutzung des angeblichen vertraglichen (zweiwöchigen) Kündigungsrechts zu kündigen und auf diese Weise das unter dem Darlehen gebundene Kapital nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit anderen profitableren Investitionsmöglichkeiten zuzuführen. Im Rahmen dessen ist zu überprüfen, ob und welche Maßnahmen der Vorstand im einzelnen getroffen hat, um die größtmögliche Profitabilität des durch den Darlehensvertrag gebundenen Kapitals während der Laufzeit zu überwachen. Zudem ist zu überprüfen, ob der Vorstand im Prüfungszeitraum 2 regelmäßig anderweitige Investitionsmöglichkeiten für den Darlehensbetrag ermittelt, überprüft und in Erwägung gezogen hat und falls dies der Fall war, welche Möglichkeiten dies im einzelnen waren. Falls der Vorstand diese Ermittlung und/oder Überprüfung unterlassen hat, sind die Gründe hierfür zu überprüfen. Des weiteren ist zu untersuchen, ob die Gesellschaft während des Prüfungszeitraumes 2 geprüft hat, ob der Vorstand eine alternative Investitionsmöglichkeit durch die vorzeitige Kündigung des Darlehensvertrags, unter Ausnutzung des angeblichen vertraglichen (zweiwöchigen) Kündigungsrechts, hätte wahrnehmen können. Diesbezüglich sind die Handlungen und Entscheidungen des Vorstands über alternative Investitionsmöglichkeiten insbesondere (aber nicht ausschließlich) im Hinblick auf Investitionen in oder Erweiterungen des Pflegeheimimmobilien-Portfolios oder andere Immobilien-Portfolios oder auch in andere Schuldverschreibungen sowie die Möglichkeit eines Anteilsrückerwerbs zur Verbesserung der Kapitalstruktur der Deutsche Wohnen während des Prüfungszeitraumes 2 zu überprüfen. Der Sonderprüfer soll dabei auch überprüfen, ob die Entscheidung des Vorstands für den Abschluß des Darlehensvertrags im Vergleich zu anderen (unterlassenen) Investitionsmöglichkeiten zu negativen Auswirkungen auf die wichtige Finanzkennzahl Return an Equity (ROE) geführt hat. Des weiteren soll der Sonderpüfer ermitteln, welche Maßnahmen der Vorstand der Gesellschaft während des Prüfungseitraumes 2 getroffen hat, um zu überprüfen, ob Vonovia die Darlehensvaluta jederzeit mit Ablauf der (vermeintlichen) zweiwöchigen Kündigungsfrist zurückführen kann. Dabei ist zu untersuchen, über welche Informationen der Vorstand bezüglich der Rückführungsfähigkeit der Darlehensvaluta während des Prüfungszeitraumes 2 verfügte, ob und nach welchen Kriterien der Vorstand diese Informationen auf ihre Verläßlichkeit prüfte und was das Ergebnis dieser Prüfung war. Zudem ist zu überprüfen, ob sich der Vorstand bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben durch sachkundige Dritte hat beraten lassen und was das Ergebnis dieser Beratung war. Weiter ist zu prüfen, ob und welche Maßnahmen der Aufsichtsrat getroffen hat, um eine sachgemäße und pflichtgemäße Durchführung der genannten Maßnahmen sicherzustellen.

2. Der Sonderprüfer soll den vorgenannten Darlehensvertrag und dessen Durchführung bzw. die unterlassene Beendigung auch mit Bezug auf die im Jahr 2022 erfolgte Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia dahingehend prüfen, ob die Darlehensgewährung durch die Deutsche Wohnen an Vonovia zum Zweck des Erwerbs von Aktien der Deutsche Wohnen durch Vonovia erfolgte.

Der Sonderprüfer soll dabei ermitteln, zu welchem Zeitpunkt erstmals Gespräche zwischen der Deutsche Wohnen und der Vonovia in Bezug auf den Abschluß eines Darlehensvertrags geführt wurden, welche Personen an diesen Gesprächen beteiligt waren und welchen konkreten Inhalt diese Gespräche hatten. Er soll ermitteln, ob während der Gespräche über den Abschluß des Darlehensvertrags zwischen der Gesellschaft und der Vonovia auch die Übernahme der Deutsche Wohnen und der Erwerb von Aktien der Deutsche Wohnen durch Vonovia thematisiert wurde, welchen Inhalt diese Äußerungen hatten und welche Personen die jeweiligen Äußerungen tätigten. Der Sonderprüfer soll prüfen, ob der Vorstand der Deutsche Wohnen vor Abschluß des Darlehensvertrags überprüft hat, ob die Darlehensgewährung eine unzulässige Finanzierungshilfe darstellen könnte, welche Informationen er für diese Prüfung genutzt und wie er seine Entscheidung begründet hat. Weiter ist zu untersuchen, welche präventiven Maßnahmen der Vorstand der Deutsche Wohnen getroffen hat, um sicherzustellen, daß das Darlehen an Vonovia nicht der Finanzierung des Erwerbs von Aktien der Deutsche Wohnen durch Vonovia zugeführt wird (zum Beispiel ein vertraglich vereinbartes Nutzungsverbot zur Finanzierung der Übernahme) und welche Maßnahmen der Vorstand der Deutsche Wohnen getroffen hat, um die Einhaltung dieser präventiven Maßnahmen nach Abschluß des Darlehensvertrags zu überwachen und durchzusetzen. Der Sonderprüfer soll zudem ermitteln, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise der Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen erstmals Kenntnis von den Gesprächen über den Abschluß des Darlehensvertrags erlangt hat, welche konkreten Informationen der Aufsichtsrat zu diesem Zeitpunkt und später (jeweils zu welchem Zeitpunkt) erhalten und welche Maßnahmen der Aufsichtsrat zu den jeweiligen Zeitpunkten ergriffen hat. Der Sonderprüfer soll prüfen, zu welchem Zeitpunkt die Auszahlung der Darlehensvaluta an Vonovia erfolgte und ab wann der Vorstand und der Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen Kenntnis darüber erlangten, zu welchem Zweck Vonovia das Darlehenskapital einsetzen würde und ob dieser Zweck darin bestand, der Vonovia (zumindest mittelbar) die Rückführung der Brückenfinanzierung zu erleichtern. Diesbezüglich soll der Sonderprüfer auch ermitteln, zu welchem Zeitpunkt der Vorstand der Deutsche Wohnen Kenntnis von der Rückführung der ihr zu Übernahmezwecken eingeräumten Brückenfinanzierung durch Vonovia erlangt hat, welche Maßnahmen der Vorstand der Deutsche Wohnen daraufhin ergriffen hat und mit welcher Begründung der Vorstand diese Maßnahmen getroffen oder welche Maßnahmen er mit welcher Begründung unterlassen hat. Der Sonderprüfer soll in diesem Zusammenhang auch ermitteln, zu welchem Zeitpunkt der Aufsichtsrat erstmals Kenntnis von der Rückführung der Brückenfinanzierung durch Vonovia sowie den durch den Vorstand diesbezüglich getroffenen (oder unterlassenen) Maßnahmen erlangte und welche Maßnahmen der Aufsichtsrat daraufhin ergriffen hat. Zudem ist zu überprüfen, ob sich der Vorstand und der Aufsichtsrat bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben durch sachkundige Dritte haben beraten lassen und was das Ergebnis dieser Beratung war. Weiter ist zu untersuchen, ob und welche Maßnahmen der Aufsichtsrat im einzelnen getroffen hat, um eine sachgemäße und pflichtgemäße Durchführung der genannten Maßnahmen sicherzustellen.

Die Sonderprüfung dient der Aufdeckung von Pflichtwidrigkeiten und Verstößen gegen das Gesetz durch Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Deutsche Wohnen. Dabei sind auch mögliche Schadensersatzansprüche der Deutsche Wohnen gegen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zu ermitteln und festzustellen.  (...)
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