Donnerstag, 17. November 2022

Anfechtungsklage gegen Verallia Deutschland AG vergleichsweise beigelegt: Squeeze-out kann eingetragen werden

Verallia Deutschland AG
Bad Wurzach

Bekanntmachung gemäß §§ 248a, 149 Abs. 2 und 3 AktG - Mitteilung über Verfahrensbeendigung

Die Verallia Deutschland AG gibt gemäß §§ 248a, 149 Abs. 2 und 3 AktG bekannt, dass das beim Landgericht Stuttgart, Kammer für Handelssachen, unter dem Aktenzeichen 31 O 141/22 KfH anhängige Anfechtungsverfahren zu dem auf der ordentlichen Hauptversammlung der Verallia Deutschland AG vom 24.08.2022 gefassten Beschluss zu TOP 10 betreffend die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Verallia Deutschland AG auf die Verallia Packaging S.A.S. gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung gemäß §§ 327a ff. AktG durch Klagerücknahme vollumfänglich beendet wurde.

Die Klagerücknahme beruht auf einer zwischen der Verallia Deutschland AG und der Anfechtungsklägerin, der I. SICAV FIS, geschlossenen außergerichtlichen Vergleichsvereinbarung mit folgendem vollständigen Wortlaut:

Vergleich

zwischen

Verallia Deutschland AG mit Sitz in 88410 Bad Wurzach, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter HRB 610192, hier vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dirk Horcher, Linklaters LLP, München,

- nachfolgend auch "Gesellschaft" -

und

I. SICAV FIS mit Sitz in L-1445 Luxembourg-Strassen, (...), hier vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Dietrich Ratthey, Falkensee

- nachfolgend auch "Aktionär" -

Vorbemerkung

1. Am 24.08.2022 fand in Bad Wurzach die ordentliche Hauptversammlung der Verallia Deutschland AG statt. Sämtliche Beschluss- und Wahlvorschläge des Vorstands und des Aufsichtsrats wurden von der Hauptversammlung mit der notwendigen Mehrheit der Stimmen und, soweit erforderlich, des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals angenommen. Dies gilt auch für den Beschlussvorschlag zu TOP 10 betreffend die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Verallia Deutschland AG auf die Verallia Packaging S.A.S., Courbevoie, Frankreich, gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung gemäß §§ 327a ff. AktG ("Squeeze Out"). Der Hauptversammlungsbeschluss zum Squeeze Out ("HV-Beschluss zu TOP 10 ) wurde ausweislich des notariellen Protokolls über die Hauptversammlung mit einer Mehrheit von 99,68 % der abgegebenen Stimmen und des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst.

2. Der Aktionär stimmte in der Hauptversammlung vom 24.08.2022 mit seinen dort vertretenen 262 Stimmen gegen den Beschlussvorschlag zu TOP 10 und erklärte gegen den HV-Beschluss zu TOP 10 Widerspruch zur Niederschrift des beurkundenden Notars.

3. Der Aktionär hat gegen den HV-Beschluss zu TOP 10 mit Klageschrift vom 23.09.2022 Anfechtungsklage beim Landgericht Stuttgart erhoben, die dort unter dem Az. 31 O 141/22 KfH geführt wird ("Anfechtungsklage"). Mit dieser rügt er, dass der HV-Beschluss zu TOP 10 verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei, da die von Tochterunternehmen der Verallia Packaging S.A.S. ausgeübten Stimmrechte aus den von ihnen gehaltenen Aktien der Gesellschaft, nämlich rund 91,75 % durch die Horizon Holdings Germany GmbH und rund 5,01 % durch die Verallia France S.A.S., aufgrund der Regelungen der §§ 33 ff. WpHG bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.

4. Die Gesellschaft ist der Auffassung, dass die Stimmrechtsmeldepflichten der Horizon Holdings Germany GmbH und der Verallia France S.A.S. und ihrer derzeit unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Gesellschafter im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Gesellschaft erfüllt wurden. Ferner ist die Gesellschaft der Auffassung, dass auf Grund der Veräußerung der Beteiligung an der Verallia S.A. (zusammen mit ihren Tochterunternehmen die „Verallia Gruppe“) durch die BRH Holdings GP, Ltd. bzw. mit ihr verbundene Personen etwaig seitens der BRH Holdings GP, Ltd. und/oder mit ihr verbundener Personen unterbliebene Stimmrechtsmitteilungen nicht zu einem Rechtsverlust betreffend Aktien an der Gesellschaft führen können, die von Unternehmen der Verallia Gruppe gehalten werden. Damit sind nach Auffassung der Gesellschaft sämtliche Beschlüsse der Hauptversammlung vom 24.08.2022, und zwar auch der HV-Beschluss zu TOP 10, mit den erforderlichen Stimmen- und Kapitalmehrheiten gefasst wurden und rechtmäßig und ordnungsgemäß zustande gekommen. Andererseits ist sie sich mit dem Aktionär dahingehend einig, dass dieser mit seiner Klageerhebung ein ihm gesetzlich zustehendes Aktionärsrecht rechtmäßig ausgeübt hat.

5. Dies vorausgeschickt, sind die Parteien nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage gemeinsam zu der Überzeugung gelangt, dass es unter Berücksichtigung der unternehmerischen Bedeutung des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses im Interesse der Gesellschaft und damit auch des Aktionärs liegt, weitere rechtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem HV-Beschluss zu TOP 10 zu vermeiden und das zwischen ihnen anhängige Anfechtungsverfahren zu beenden.

Die Parteien vereinbaren daher zur Vermeidung langwieriger Auseinandersetzungen in möglicherweise mehreren Gerichtsinstanzen und um der Gesellschaft die Eintragung des streitgegenständlichen Beschlusses im Handelsregister zu ermöglichen, unter Aufrechterhalten ihrer jeweiligen rechtlichen Standpunkte, die vorgenannten Rechtsstreitigkeiten im Wege des gegenseitigen Nachgebens durch eine Vergleichsvereinbarung ("Vergleich") wie folgt beizulegen:

§ 1
Erklärung zur Beteiligungsstruktur

Die Gesellschaft gibt zur Beteiligungsstruktur folgende Erklärungen gegenüber dem Aktionär ab:

- Weder die BRH Holdings GP, Ltd. noch mit ihr verbundene Personen sind gegenwärtig oder waren zum Zeitpunkt des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses am 24.08.2022 an der Verallia S.A. oder anderen Gesellschaften der Verallia-Gruppe beteiligt.

- Obergesellschaft der Verallia-Gruppe ist und war zum Zeitpunkt des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses am 24.08.2022 die Verallia S.A., die alle Anteile an der Verallia Packaging S.A.S. hält.

 - Verschiedene Unternehmen der Verallia-Gruppe haben seit Abgabe der relevanten Stimmrechtsmitteilung im Januar 2016 unter Beibehaltung der Rechtsträgeridentität ihre Firma geändert. Dies betrifft die Verallia S.A. (vormals Horizon Holdings S.A.S.), die Verallia Packaging S.A.S. (vormals Horizon Holdings III S.A.S.) und die Verallia France S.A.S. (vormals Saint-Gobain Emballage S.A.), die alle in der vorgenannten Stimmrechtsmitteilung aufgeführt sind.

§ 2
Beendigung des anhängigen Anfechtungsverfahrens

(1) Im Hinblick auf die Erklärungen der Gesellschaft gemäß § 1 verpflichtet sich der Aktionär, die Anfechtungsklage unverzüglich beim Landgericht Stuttgart durch einen per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA) einzureichenden Schriftsatz vollumfänglich zurückzunehmen. Der Aktionär wird der Gesellschaft unverzüglich nach Einreichung des Klagerücknahmeschriftsatzes eine Kopie desselben einschließlich Übersendungsnachweis sowie eine Kopie der entsprechenden Eingangsbestätigung des Landgerichts Stuttgart zukommen lassen. Die Übermittlung vorgenannter Unterlagen hat per E-Mail an folgende Adresse des Verfahrensbevollmächtigten der Gesellschaft zu erfolgen: (...)

(2) Die Gesellschaft stimmt der Rücknahme der Anfechtungsklage hiermit zu.

(3) Der Aktionär nimmt unverzüglich seinen in der Hauptversammlung vom 24.08.2022 erklärten Widerspruch gegen den HV-Beschluss zu TOP 10 zurück und verzichtet darauf, direkt oder indirekt gegen die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft vom 24.08.2022 oder deren Eintragung in das Handelsregister Einwendungen zu erheben, im Zusammenhang mit diesen Beschlüssen, deren Durchführung und aller zu ihrer Ausführung geschlossenen Verträge (zusammen die " Maßnahmen ") gegen die Gesellschaft, die Mitglieder ihrer Organe oder gegen mit der Gesellschaft im Sinne der §§ 15 ff. AktG verbundene Unternehmen gerichtliche oder außergerichtliche Maßnahmen einzuleiten oder diesbezüglich Ansprüche gegen die Vorgenannten geltend zu machen. Der Aktionär wird nach Unterzeichnung dieses Vergleichs weder direkt noch indirekt irgendwelche Rechte aus oder im Zusammenhang mit einer etwaigen Mangelhaftigkeit der Maßnahmen geltend machen. Hiervon bleibt aber das Recht des Aktionärs unberührt, ein Spruchverfahren zur Überprüfung der Höhe von Barabfindung (§ 327b AktG) gemäß den Bestimmungen des Spruchverfahrensgesetzes einzuleiten.

(4) Der Aktionär stimmt der Handelsregistereintragung des Squeeze Outs ausdrücklich zu und verpflichtet sich, die Handelsregistereintragung weder durch Rechtsmittel, Rechtsbehelfe, Anträge noch in sonstiger Weise zu verhindern oder zu verzögern.

(5) Der Aktionär wird das Amtsgericht (Registergericht) Ulm zu HRB 610192 unverzüglich und per beA über die Rücknahme der Anfechtungsklage sowie darüber unterrichten, dass er gegen die Eintragung der Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft vom 24.08.2022 keine Einwendungen mehr erhebt. Der Aktionär wird der Gesellschaft unverzüglich nach Unterrichtung eine Kopie derselben einschließlich Übersendungsnachweis sowie eine Kopie der entsprechenden Eingangsbestätigung des Amtsgerichts (Registergericht) Ulm zukommen lassen. Die Übermittlung vorgenannter Unterlagen hat per E-Mail an folgende Adresse des Verfahrensbevollmächtigten der Gesellschaft zu erfolgen: (...)

Der Aktionär ermächtigt auch die Gesellschaft, das Amtsgericht (Registergericht) Ulm zu HRB 610192 unverzüglich über die Rücknahme der Anfechtungsklage und die Zustimmung des Aktionärs zur Eintragung der in der Hauptversammlung der Gesellschaft am 24.08.2022 gefassten Beschlüsse zu unterrichten.

§ 3
Wirksamwerden des Vergleichs

Der Vergleich wird wirksam mit Eingang der Klagerücknahme gemäß vorstehendem § 2 Abs. 1 beim Landgericht Stuttgart. Der Vergleich wird unwirksam, wenn die Klagerücknahme nicht bis spätestens 16.11.2022 beim Landgericht Stuttgart eingegangen ist.

§ 4
Streitwert und Kosten

(...) 


§ 5
Bekanntmachung

Die Gesellschaft wird diesen Vergleich nach seinem Wirksamwerden gemäß ihren gesetzlichen Verpflichtungen im vollständigen Wortlaut auf ihre Kosten im Bundesanzeiger bekannt machen.

§ 6
Keine Sondervorteile

Es bestehen keine Nebenabreden zum Vergleich. Die Parteien erklären übereinstimmend, dass im Zusammenhang mit dem Abschluss dieses Vergleichs keiner Partei irgendwelche Sondervorteile gewährt, eingeräumt oder in Aussicht gestellt und solche auch nicht gefordert worden sind.

§ 7
Schlussbestimmungen

(1) Änderungen, Ergänzungen oder eine Aufhebung dieses Vergleichs bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, soweit nicht eine strengere Form gesetzlich vorgeschrieben ist. Das gilt auch für die Änderung oder Aufhebung dieser Schriftformklausel.

(2) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vergleichs ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder sollte der Vergleich eine an sich notwendige Regelung nicht enthalten, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung nicht berührt. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung oder zur Ausfüllung der Regelungslücke gilt diejenige rechtlich zulässige Bestimmung als rückwirkend vereinbart, die soweit wie möglich dem entspricht, was die Parteien gewollt hätten oder nach Sinn und Zweck dieser Vereinbarung von den Parteien vereinbart worden wäre, wenn sie die Unwirksamkeit oder Undurchführbarkeit der betreffenden Bestimmung bzw. die Regelungslücke bedacht hätten.

(3) Dieser Vergleich unterliegt dem Recht der Bundesrepublik Deutschland unter Ausschluss des deutschen Kollisionsrechts und des UN-Kaufrechts.

(4) Für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vergleich einschließlich der Wirksamkeit des Vergleichs ist das Landgericht Stuttgart ausschließlich zuständig, soweit dies gesetzlich zulässig ist.

München, den 09.11.2022                             Falkensee, den 09.11.2022

    Verallia Deutschland AG                                             I. SICAV FIS
- vertreten durch Dirk Horcher -                 - vertreten durch Dr. Dietrich Ratthey -“


Bad Wurzach, im November 2022

Verallia Deutschland AG
- Der Vorstand -

Quelle: Bundesanzeiger vom 17. November 2022

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Anmerkung der Redaktion: Die Angemessenheit der den Minderheitsaktionären für den Squeeze-out angebotenen Barabfindung wird in einem Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden. Weitere Informationen: kanzlei@anlageanwalt.de

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