Mit Beschluss ihrer Hauptversammlung vom 12.7.2013 schloss die Dyckerhoff AG ihre Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung aus. Die gewährte Abfindung war nicht angemessen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss, und erhöhte die Abfindung entsprechend um 4,92 € auf 52,08 € je Aktie.
Im Jahr 2012 erreichte die damalige Mehrheitsaktionärin der Dyckerhoff AG durch Aktienzukäufe einen Anteil von über 95 % des Grundkapitals. Im Anschluss verlangte sie den Ausschluss der Minderheitsaktionäre, den die Hauptversammlung der Gesellschaft im Juli 2013 gegen Gewährung einer Abfindung in Höhe von 47,16 € beschloss. Daraufhin beantragten die Minderheitsaktionäre die gerichtliche Überprüfung der Barabfindung. Das hierfür zuständige Landgericht Frankfurt am Main legte die angemessene Abfindung anhand von der Mehrheitsaktionärin gezahlter Vorerwerbspreise auf 52,40 € fest.
Die hiergegen von den Verfahrensbeteiligten wechselseitig eingelegten Beschwerden blieben vor dem OLG weitgehend erfolglos. Während die Beschwerde der Mehrheitsaktionärin zu einer geringfügigen Herabsetzung der Barabfindung auf 52,08 € führte, wies das OLG die Beschwerden der Minderheitsaktionäre zurück.
Allerdings entschied der Senat, dass eine Bemessung der angemessenen Abfindung allein anhand der gezahlten Vorerwerbspreise nicht sachgerecht sei. Es sei vielmehr eine gerichtliche Überprüfung der von der Gesellschaft vorgelegten Unternehmensbewertung erforderlich. Dabei erwies sich die Bewertung zwar als weitgehend plausibel. Änderungen hielt der Senat aber mit Blick auf die Höhe der wachstumsbedingten Thesaurierungen sowie auf die Berücksichtigung einer Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen für erforderlich. Diese Korrekturen führten zu einem erhöhten Unternehmenswert und machen damit Zuzahlungen an die Minderheitsaktionäre der Dyckerhoff AG in einer Gesamthöhe von knapp 7 Mio. € erforderlich.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 8.9.2020, Az. 21 W 121/15
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 8.6.2015, Az. 3-05 O 198/13)
Die Entscheidung ist in Kürze im Volltext unter www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufbar.
Erläuterungen:
Bei der wachstumsbedingten Thesaurierung handelt es sich um den dauerhaft im Unternehmen verbleibenden Betrag erwirtschafteter Gewinne, der erforderlich ist, um bei gleichbleibender Kapitalstruktur, d.h. bei einem konstanten Verhältnis der Marktwerte von Eigen- und Fremdkapital, das Wachstum des Unternehmens zu finanzieren.
Allein durch die Preissteigerungen in der Zukunft erhöht sich der Wert eines Unternehmens und damit auch der Wert des Unternehmensanteils eines jeden Minderheitsaktionärs. Diese inflationsbedingte Wertsteigerung unterliegt nach Ansicht des Senats im Grundsatz genauso der persönlichen Besteuerung wie etwa die ausgeschütteten Gewinne der Gesellschaft, wenngleich aufgrund der späteren zeitlichen Realisierung die Besteuerung zu einem geringeren, effektiven Steuersatz erfolgt.
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