Mittwoch, 24. Januar 2018

BGH-Urteil zum Übernahmeangebot bei der Celesio AG (jetzt: McKesson Europe AG): Preise für Wandelschuldverschreibungen sind zu berücksichtigen

Leitsatz des BGH:

Bei der Ermittlung der angemessenen Gegenleistung für ein Übernahmeangebot sind grundsätzlich auch die vom Bieter für den Erwerb von Wandelschuldverschreibungen gezahlten Preise zu berücksichtigen.


von Rechtsanwalt Martin Arendts, ARENDTS ANWÄLTE

Mehrere ehemalige Celesio-Aktionäre hatten beim OLG Frankfurt am Main einen Aufschlag von knapp 32 Prozent auf den 2014 kassierten Übernahmepreis erstritten, nachdem sie vor dem Landgericht noch gescheitert waren, siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2016/03/spruchverfahren-zu-dem-beherrschungs.html.

Während "normale" Aktionäre lediglich EUR 23,50 pro Celesio-Aktie erhielten, zahlte McKesson dem auf solche Sondersituationen spezialisierten Hedgefonds Elliott deutlich mehr, der in Celesio-Wandelanleihen investiert hatte. Während die BaFin eine Gleichbehandlung nur bei Wertpapieren gleicher Gattung forderte, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in dem Urteil, dass auch den klagenden ehemaligen Celesio-Aktionären so viel zustehe. McKesson muss nach diesem Urteil EUR 7,45 je Celesio-Aktie nachzahlen.

Der Bundesgerichtshof hat die Sache am 7. November 2017 verhandelt und die Revision nicht zugelassen (so dass es bei der minderheitsaktionärsfreundlichen Entscheidung des OLG Frankfurt am Main bleibt). In den nunmehr veröffentlichten Entscheidungsgründen schließt sich der BGH der Rechtsauffassung des OLG an. Bei der Ermittlung der angemessenen Gegenleistung für das Übernahmeangebot sind auch nach seiner Auffassung grundsätzlich die für den Erwerb von Wandelschuldverschreibungen gezahlten Preise zu berücksichtigen. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spreche für eine weite Auslegung im Sinne eines allgemeinen Umgehungsschutzes. Ergänzend verweist der BGH auf Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften.

Dieses Verfahren zum Übernahmeangebot hat nach zutreffender (allerdings nicht unumstrittener) Auffassung auch Auswirkungen auf das BuG-Spruchverfahren (so auch die Celesio-Antragsteller unter Verweis auf die Rechtsauffassung des LG Köln in den Postbank-Spruchverfahren, zum Squeeze-out-Spruchverfahren siehe: https://spruchverfahren.blogspot.de/2017/10/spruchverfahren-zum-squeeze-out-bei-der_46.html). Angesichts des nunmehr vorliegenden BGH-Urteils hat das LG Stuttgart mit Beschluss vom 15. Januar 2018 diesbezüglich gestellte Aussetzungsanträge zurückgewiesen. Mit einer Entscheidung in der Sache sei allerdings nicht vor Februar 2018 zu rechnen.

Auch auf ähnlich gelagerte Übernahmefälle dürfte das Celesio-Urteil erhebliche praktische Auswirkungen haben. "Aktiven" Aktionären darf nicht mehr gezahlt werden als den "passiven", auch wenn dies wie im Fall Celesio über Wandelschuldverschreibungen "versteckt" wird.

Klageverfahren zum Celesio-Übernahmeangebot:
BGH, Urteil vom 7. November 2017, Az. II ZR 37/16
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 19. Januar 2016, Az. 5 U 2/15
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 2. Dezember 2014, Az. 3/5 O 44/14

Spruchverfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BuG):
LG Stuttgart, Az. 31 O 1/15 KfH SpruchG
NEXBTL - Neue Exklusive Bio Toys Lüllemann GmbH u.a. ./. McKesson Europe Holdings GmbH & Co. KGaA (bisher: Celesio Holdings Deutschland GmbH & Co. KGaA, früher: McKesson Deutschland GmbH & Co. KGaA)
51 Antragsteller
gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Ulrich Wecker, 70182 Stuttgart
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin:
Rechtsanwälte Linklaters LLP, 60325 Frankfurt am Main

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