OLG Celle, Beschluss vom 3. Januar 2014, 2 W 275/13
Aus den Entscheidungsgründen (Zwischenüberschriften von der Redaktion):
Keine Erstattung außergerichtlicher Beratungskosten
"1. Die Rechtspflegerin des Landgerichts Hannover hat die Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Beratung gemäß Honorarrechnung der Rechtsanwälte S. & P. vom 16. Oktober 2012 in Höhe von 1.190,00 € zu Unrecht gegen die Antragsgegnerin festgesetzt.
Erstattungsfähig sind gemäß § 91 Abs. 1 ZPO nur diejenigen Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendig waren. Ob eine Maßnahme notwendig war, richtet sich zunächst grundsätzlich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei darf also ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen (vgl. BGH FamRZ 2004, 866 f., Rn. 27 Juris). Dieses Recht der Partei gilt indes nicht schrankenlos. Die Partei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie bei einem Obsiegen vom Gegner erstattet haben will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (vgl. BGH - VI ZB 7/12 - Beschluss vom 10. Juli 2012; BGH NJW 2007, 2257; BVerfG NJW 1990, 3072, 3073; Senat - 2 W 238/13 - Beschluss vom 29. Oktober 2013; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn. 12). § 91 ZPO bringt insoweit das Gebot einer sparsamen bzw. ökonomischen Prozessführung zum Ausdruck, welches als Ausprägung des die gesamte Privatrechtsordnung und das Prozessrecht beherrschenden Prinzips von Treu und Glauben wie auch der Schadensminderungspflicht i. S. von § 254 BGB verstanden wird (vgl. MüKo/Giebel, ZPO, 3. Auflage, § 91 Rn. 38). Der prozessuale Erstattungsanspruch besteht daher nur in den Grenzen einer sparsamen, nicht aber der einer optimalen Prozessführung (vgl. Senat a.a.O.; OLG Jena OLG-NL 2006, 207, 208; MüKo/Giebel, a. a. O.).
Danach sind die Kosten eines Rechtsanwalts zu erstatten, soweit die einzelne Maßnahme zur zweckentsprechenden Führung des Rechtsstreits notwendig war (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rn. 13 „Rechtsanwalt“).
Erstattung bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt
Die Antragsteller haben sich im Verfahren nicht von einem Anwalt vertreten lassen, so dass dafür keine - nach der Kostengrundentscheidung nunmehr zu erstattenden - Rechtsanwaltsgebühren nach dem RVG entstanden sind. Dass diese fiktiven und tatsächlich nicht entstandenen Rechtsanwaltskosten für eine anwaltliche Vertretung im Verfahren höher wären als die tatsächlichen Kosten der erfolgten Beratung sind, kann für sich genommen jedoch keine Begründung dafür bilden, dass die in Bezug zu den nicht entstandenen fiktiven Kosten geringeren tatsächlichen Kosten allein wegen der Kostenersparnis dadurch zu notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung werden. Das Landgericht hat seine Kostenfestsetzung insoweit aber lediglich damit begründet, dass die festgesetzten Kosten unter den Kosten gemäß RVG liegen würden und hat sich mit den diesbezüglichen Einwänden der Antragsgegnerin weder im Kostenfestsetzungsbeschluss noch im Nichtabhilfebeschluss näher auseinandergesetzt.
Vor allem aber wird die Festsetzung von Gebühren, die durch außergerichtliche Anwaltstätigkeit entstanden sind, im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ff ZPO überwiegend abgelehnt (vgl. Zöller/Herget a.a.O. § 104 Rn. 21 „außergerichtliche Anwaltskosten“ m.w.N.; OLG Rostock JurBüro 2008, 371-372; aA: LG Berlin AGS 2008, 268-269), auch wenn diese Kosten als prozessbezogen und damit dem Grunde nach erstattungsfähig anzusehen sein sollten.
Für vereinbarte Gebühren nur materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Bei der Ratsgebühr nach § 34 RVG - wie sie vorliegend der Sache nach von den Antragstellern geltend gemacht wird - handelt es sich um eine vereinbarte Gebühr, welche grundsätzlich als im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erstattungsfähig angesehen wird, sondern die ggf. im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs einzuklagen ist, weil sich das auf vereinfachte und klare Prüfungskriterien zugeschnittene Kostenfestsetzungsverfahren nicht für die Festsetzung von Beträgen aus Honorarvereinbarungen eignet (vgl. Zöller a.a.O. § 91 Rn. 13 „Ratsgebühr“; OLG Rostock JurBüro 2008, 371-372 m.w.N.).
Erstattung von Telefon-, Kopier- und Portokosten nur in tatsächlich entstandener Höhe, nicht als Pauschalbetrag
2. Ebenso wenig sind die Kosten für die Korrespondenz mit pauschal 10,00 € von der Antragsgegnerin an die Antragsteller zu erstatten.
Der allgemeine Prozessaufwand, wie z.B. die Prozessvorbereitung durch Durcharbeiten des Prozessstoffes, Fertigung von Schriftsätzen, Recherchen, Sammlung und Sichtung von Tatsachen- und Beweismaterial, stellt für die Partei grundsätzlich keinen im Wege der Kostenfestsetzung erstattungsfähige Position dar (vgl. Zöller a.a.O. § 91 Rn. 13 „allgemeiner Prozessaufwand“ m.w.N.). Zu den grundsätzlich insoweit jedoch erstattungsfähigen Kosten der Partei für die Prozessvorbereitung zählen hingegen Fotokopien, Post - und Telekommunikationsdienstleistungen, wenn diese für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig waren (vgl. OLG Schleswig JurBüro 1992, 172; LG Bonn AGS 200, 596).
Allerdings hängt die Erstattungsfähigkeit von Telefon-, Kopier- und Portokosten von einer ausreichenden Darlegung des Antragstellers ab, weil die Kosten nur in der tatsächlich entstanden Höhe zu erstatten sind. Für Pauschalen - wie sie das RVG vorsieht - ist bezüglich der Partei jedoch kein Raum; Pauschalvergütungen können nur Rechtsanwälte und Rechtsbeistände verlangen (vgl. OLG Rostock, JurBüro 2008, 371-372; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.12.2002, 11 W 134/02, Rn. 6 Juris; OLG Koblenz AnwBl. 1996, 412). Der Beklagte hat zu seinen Korrespondenzkosten konkret jedoch nicht vorgetragen. (...)
Erstattung von Fahrt- und Übernachtungskosten
3. Mit Recht hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Hannover jedoch Reisekosten der Antragsteller zu 20 und 21 in Höhe von insgesamt 380,90 € gegen die Antragsgegnerin festgesetzt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind grundsätzlich die Fahrtkosten nebst Reiseaufwand und ggf. Übernachtungskosten der Partei (vgl. Zöller a.a.O. § 91 rn. 13 „Reisekosten“; OLG Celle NJOZ 2009, 2281), zumal wenn das persönliche Erscheinen der Parteien zum Verhandlungstermin durch das Gericht angeordnet worden war (OLG Brandenburg JurBüro 2009, 434).
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind vorliegend auch die vom Landgericht festgesetzten Fahrtkosten M. - Hannover - M. nebst Übernachtung erstattungsfähig. Die Antragsteller haben insoweit unbestritten vorgetragen, dass der Antragsteller zu 20 seit dem Jahr 2011 dauerhaft in der Woche in M. wohnt und arbeitet, so dass er zu dem Termin am 9. Mai 2012, einem Mittwoch, aus M. anreisen musste und durfte. Die Antragsgegnerin hat zwar bemängelt, dass er die Tatsache „Arbeitsort M.“ nicht glaubhaft gemacht habe; dies war jedoch mangels Bestreiten des Vortrags durch die Antragsgegnerin auch nicht notwendig.
Der Antragsteller zu 20 war nicht verpflichtet, aus B. zum Termin anzureisen, da er dort ausweislich der Meldebestätigung vom 24. Juli 2009 bereits seit Mai 2009 nicht mehr wohnhaft war, sondern nach B. umgezogen ist. Eine Reise B. - Hannover - B. war ihm nicht zuzumuten, da er insoweit gezwungen gewesen wäre, bei seinem Arbeitgeber mehr als einen Tag Urlaub zu nehmen. Dazu ist er aber auch unter Kostenminderungsgesichtspunkten nicht verpflichtet."
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