Dienstag, 18. Dezember 2012

Bundesjustizministerium beschäftigt sich mit Vorschlag einer massiven Einschränkung des Spruchverfahrens

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Unter dem Betreff  "Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der Aktienrechtsnovelle 2012" hat das deutsche Bundesministerium der Justiz ein Rundschreiben an die "am Gesellschaftrecht interessierten Verbände" geschickt. Nach den aus meiner Sicht sehr großaktionärsfreundlichen Vorschlägen soll ein Nachteilsausgleich gemäß § 15 UmwG auch durch die Gewährung zusätzlicher Aktien ermöglicht werden. Darüber hinaus wurde ein alter, längst in der Mottenkiste verschwundener Vorschlag wieder hervorgeholt. Es wird erwogen, die Rechtsschutzmöglichkeiten bei Spruchverfahren massiv einzuschränken. Die Verfahren sollen ohne Korrekturmöglichkeit in nur einer Instanz beendet werden. Das dafür als erste und einzige Instanz vorgesehene Oberlandesgericht - eine völlig unsystematische Ausnahmeregelung - dürfte dafür allerdings ungeeignet sein. Auch ist eine weitere Zersplitterung der bereits jetzt regional extrem uneinheitlichen Rechtsprechung zu Spruchverfahren zu erwarten (die bereits zu ersten Fällen von forum shopping geführt haben).

Zu den Vorschlägen kann bis zum 15. Januar 2013 Stellung genommen werden:

Bundesministerium der Justiz, Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
Fax-Nr. 030 / 18 580 - 95 25
Aktenzeichen: III A 1 - 3501/24

Zuständig ist Herr Ministerialrat Dr. Hans-Werner Neye.

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Der Text des Rundschreibens lautet:

"Sehr geehrte Damen und Herren, 

im Rahmen der Beratungen über die Aktienrechtsnovelle 2012 im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages wird derzeit von Seiten der Rechtspolitiker der Regierungskoalition erwogen, auch einige grundlegende Änderungen im Umwandlungsgesetz und in weiteren gesellschaftsrechtlichen Gesetzen einzuführen. 

Dazu hat auf Wunsch der Rechtspolitiker der Vorsitzende des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins einen Regelungsvorschlag für eine alternative Abfindung in Aktien bei der Verschmelzung auf eine Aktiengesellschaft unterbreitet, der einen früheren Vorschlag des DAV aus dem Jahr 2007 fortentwickelt. In diesem Zusammenhang werden ferner Erleichterungen für die Ausgliederung vorgeschlagen. 

1. Zur Verschmelzung ist vorgesehen, den Nachteilsausgleich gemäß § 15 UmwG an Stelle der bisher lediglich möglichen baren Zuzahlung auch durch die Gewährung von zusätzlichen Aktien zu ermöglichen. Die abfindungsberechtigten Aktionäre sollen nicht selbst entscheiden, ob sie davon Gebrauch machen, sondern der übernehmenden Aktiengesellschaft soll eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt werden. Sofern die Gesellschaft zur Abfindung nicht eigene Aktien zur Verfügung hat, müssen neue Aktien geschaffen werden. Dafür kommen grundsätzlich zwei Wege in Betracht: Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gemäß §§ 207 ff. AktG oder eine Sachkapitalerhöhung. Der Vorschlag spricht sich für den zweiten Weg aus. Sacheinlagegegenstand soll der Anspruch der berechtigten Aktionäre auf Ausgleichsleistung in bar sein. Die zahlreichen Abweichungen von den §§ 182 ff. AktG sollen im Wesentlichen nicht in das AktG, sondern in einen komplex ausgestalteten neuen § 72a UmwG eingestellt werden. Um die Zahl der zu gewährenden Aktien zu ermitteln, sollen unterschiedliche Methoden zur Anwendung kommen. Wenn die übernehmende Aktiengesellschaft börsennotiert ist, soll die Umrechnung des im Spruchverfahren bestimmten Barausgleichsbetrages zzgl. Zinsen nach Maßgabe des aktuellen Börsenkurses erfolgen. Bei einer nichtbörsennotierten Gesellschaft soll die Ermittlung anhand des vom Gericht im Spruchverfahren korrigierten Umtauschverhältnisses vorgenommen werden. Entgangene Dividenden und Bezugsrechtserlöse sollen pauschal durch einen Barbetrag in Höhe der aufgelaufenen Zinsen auf den gerichtlich festgestellten Zuzahlungsanspruch ausgeglichen werden. Die Abwicklung der Aktienübertragung auf die ausgleichsberechtigten Aktionäre soll durch einen Treuhänder erfolgen.

Über die vorstehend erläuterten Regelungen hinaus wird zusätzlich vorgeschlagen, zur Beschleunigung für alle Spruchverfahren künftig die Entscheidung durch das Oberlandesgericht als erste und einzige Instanz vorzusehen. Dieser Vorschlag war bereits im Rahmen der Reform des Spruchverfahrensrechts 2003 unterbreitet worden, er wurde damals aber von den Ländern abgelehnt. 

2. Des Weiteren wird die Einführung einer sog. Konzernausgliederung vorschlagen. Wenn eine Aktiengesellschaft mit mindestens 90% an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist, soll sie Aktivvermögen von nicht mehr als fünf Prozent der Bilanzsumme ihrer Schlussbilanz auf diese Gesellschaft übertragen können, ohne dass es dazu eines Ausgliederungsbeschlusses bedarf. Der jetzt vorgelegte Text stellt mit den genannten Voraussetzungen eine Alternative zu einem unlängst in einer Fachzeitschrift publizierten Regelungsvorschlag für eine „Mini-Ausgliederung“ dar (vgl. Die Aktiengesellschaft 2012, 324ff.). 

Sie haben die Möglichkeit, zu den vorerwähnten Vorschlägen Stellung zu nehmen. Im Hinblick auf den engen Zeitplan für die parlamentarischen Beratungen sollte Ihre Stellungnahme 

spätestens bis zum 15. Januar 2013
 
hier eingehen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag 
(Dr. Weis)"

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