Donnerstag, 12. Juli 2012

SdK: Delisting-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes stellt einen schweren Schlag gegen die Streubesitzaktionäre dar

Pressemitteilung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. vom 11. Juli 2012

Das Bundesverfassungsgericht hat am heutigen Mittwoch, den 11.07.2012 festgestellt, dass die Börsennotiz einer Aktie nicht dem Eigentumsschutz von Art. 14 GG unterliegt und die entsprechende Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Die heutige Entscheidung stellt aus Sicht der SdK die Abkehr von der bisherigen Rechtssprechung des BVerfG dar, da sie die Verkehrsfähigkeit der Aktie als immanente und damit grundgesetzlich geschützte Eigenschaft des Aktieneigentums verneint. Dieses wird auf ein bloßes Veräußerungsrecht verkürzt.

Das BVerfG hat zwar formal die Macroton-Rechtsprechnung des BGH aus dem Jahre 2002 aufrechterhalten, diese aber der Sache nach ausgehöhlt.

Einerseits galt das Macroton-Urteil nur für den vollständigen Rückzug eines Unternehmens von der Börse, was in der Realität nur wenige Fälle betrifft. Zum anderen wird das mit dieser Entscheidung verbundene, gerichtlich überprüfbare Pflichtangebot nunmehr ins Ermessen der Gerichte oder eines aktiv werdenden Gesetzgebers gestellt. Dieses weicht eklatant von den gesetzlichen Regelungen bei Unternehmensverträgen, Eingliederungen und Squeeze-outs ab. Auf die Spitze getrieben, könnte die heutige Entscheidung auch zu einem Verzicht auf eben diese aus Sicht des Streubesitzes wichtigen überprüfbaren Pflichtangebote in den wenigen Fällen des kompletten Rückzugs von der Börse führen. Eine derartige Entwicklung würde selbst den unbefriedigenden Status quo noch verschlechtern. 


Nicht vom Anwendungsbereich der Macroton-Entscheidung des BGH erfasst sind die Fälle des so genannten Downgrading, bei denen ein Wechsel vom regulierten Markt in den Freiverkehr erfolgt. Hier gibt es zwar vereinzelte Entscheidungen von Instanzgerichten, die das Erfordernis eines gerichtlich nachprüfbaren Abfindungsangebotes verneinen, eine höchstrichterliche Entscheidung hingegen steht für diese Fälle noch aus.

Nach Auffassung der SdK ist daher nun der Gesetzgeber gefordert, die Regelungslücke vor allem beim Downgrading aber auch beim Delisting durch entsprechende gesetzgeberische Aktivitäten zu schließen. Der Rechtschutz des Streubesitzes muss durch überprüfbare Pflichtangebote anlog zum Squeeze-out komplettiert werden, um die freien Aktionäre nicht zum „Spielball“ von Verwaltungen und Großaktionären werden zu lassen.

München, 11.Juli 2012
Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.

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